Die Endometriose ist eine typische Frauenkrankheit. Sie kann schon in der Pubertät beginnen. Häufig wird den ersten Symptomen, Schmerzen bei der Periode, nicht weiter nachgegangen, so dass viele Jahre bis zur geeigneten Therapie verstreichen können. Die Ursachen der Endometriose sind vielfältig. Da die Häufigkeit der Endometriose in den Industrienationen zugenommen hat, liegt es nahe, auch Umweltfaktoren für die Entstehung der Endometriose verantwortlich zu machen.

Aus diesem Grund habe ich einen Frauenarzt gesucht, der gleichzeitig Umweltmediziner ist und der seit Jahren eigene Erfahrungen mit Endometriosepatientinnen gesammelt hat. Ich fand Herrn Prof. Schulte-Uebbing aus München. Sie kennen Herrn Prof. Schulte-Uebbing schon, denn er hat für Sie vor 1 1/2 Jahren einen viel gelesenen Artikel über Vitamin D als Scheidenzäpfchen geschrieben.

Mit Herrn Prof. Schulte-Uebbing führte ich dieses Interview zu Endometriose und Umwelteinflüssen. Darin nimmt er ebenfalls Stellung zu dem Einfluss der Ernährung und der Psyche für die Entstehung einer Endometriose. Auch gibt er Hinweise, wie man Umweltgifte erkennen und ausleiten kann. Es werden sowohl konventionelle als auch naturheilkundliche Maßnahmen angesprochen.

1. Sie haben Daten von 695 Patientinnen mit Endometriose ausgewertet. Zu welchen Schlussfolgerungen sind Sie gekommen?

Endometriose ist eine sehr häufige gynäkologische Erkrankung. Jedes Jahr erkranken in Deutschland etwa 40.000 – 50. 000 Frauen daran. In unserer Praxis ist die Feststellung und Behandlung der Endometriose, auch der höhergradigen Endometriose, ein wichtiger Schwerpunkt. Diese ist eine große Herausforderung für Patientinnen und Gynäkolog(inn)en. Oft zeigen selbst starke und nebenwirkungsreiche Hormontherapien kaum Wirkung. Wie bei bösartigen Krankheiten gilt das deprimierende Motto „Nach der Endometriose ist vor der Endometriose“: Rezidive sind vorprogrammiert.

2. Warum ist die Endometriose so schwer zu behandeln. Was ist die Ursache?

Es gibt keine einzelne Ursache. Die Endometriose hat diverse Ursachen, welche individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt sein können.

3. Wie entsteht Endometriose?

Ursächlich ist immer eine hormonelle Störung, oft (mit)verursacht durch Schadstoff- Belastungen, Störung(en) des Immunsystems, Infekte, psychische und psychosomatische Probleme etc.

4. Wie sieht die hormonelle Störung aus, die zu Endometriose führen kann?

Wir messen seit zwanzig Jahren die Hormone und stellen bei Endometriose immer wieder eine sogenannte „Östrogendominanz“ fest. Das bedeutet zu viele weibliche Hormone (v. a. Östradiol und Östron), besonders in der Follikelphase. Gleichzeitig besteht oft ein Mangel an Progesteron (Gelbkörper- Hormon), vor allem in der Lutealphase, und meist eine sogenannte „Progesteronresistenz“. Das heißt, das zu wenig vorhandene Progesteron kann auch nicht richtig seine Wirkung entfalten.

Oft sehen wir auch eine Schilddrüsen- Unterfunktion, häufig den sogenannten Morbus Hashimoto (eine Schilddrüsen- Autoimmun- Erkrankung). Hashimoto geht meist mit Progesteronmangel einher. Und behandeln wir dann den Progesteronmangel, bessern sich meist die Schilddrüsenwerte.

Nicht selten sind auch die Nebennieren- Funktionen beeinträchtigt. Wir messen dann zum Beispiel niedrige DHEA-Werte (Anti-Stress-Hormon) und anfangs erhöhte, später erniedrigte Cortisol-Spiegel (Stress- Hormon).

Endometriose geht somit oft mit Schilddrüsen– und Nebennieren- Störungen einher.

5. Wie kommt es zu Östrogendominanz und Progesteronmangel?

Das ist eine wichtige Frage. Momentan wird an Ursache und Therapie der Östrogendominanz fieberhaft geforscht. Denn Östrogendominanz und auch Progesteronmangel fördern nicht nur Endometriose, sondern auch Myome, Eierstockzysten und hormonabhängige Tumoren: Brustkrebs, Eierstockkrebs und Gebärmutterkrebs entstehen durch Östrogendominanz. Ursächlich direkt und indirekt beteiligt sind an der Östrogendominanz hormonelle, immunologische (die Abwehr betreffende), entzündliche (chronische und/ schleichende Infekte) und toxikologische Mechanismen (Giftstoffe).

6. Welche Rolle spielen Infekte?

Wir konnten in einer Studie zeigen, dass die sogenannte „silent inflammation“ (die stille Entzündung bei chronischen oder therapieresistenten Infekten) massiv die Östrogendominanz verstärken kann. Vor allem die höhergradige Endometriose kann durch Infekte gefördert werden. Wir sehen immer wieder, dass Infekte auch die Erfolge der Endometriose- Therapie abschwächen. Infekte können die lokale und allgemeine Immun- Abwehr z. T. erheblich beeinträchtigen. Vor allem chronische Scheiden-, Blasen- und Darm- Entzündungen können die lokalen Immun- Defekte verstärken und die Endometriose fördern.

7. Welche Rolle spielen Giftstoffe?

Immer mehr Studien zeigen, dass eine Reihe von Umweltgiften eine Hormonwirkung haben. Man spricht dann von Xeno- Östrogenen. Dazu gehören Metalle, Pestizide und Industriegifte, die sich vor allem im Fettgewebe ablagern. Über die Nahrungskette (besonders aus tierischen Fetten von Fleisch und Fisch) gelangen sie in den menschlichen Organismus. Sie bewirken die bereits erwähnte Östrogendominanz und stören die Funktion von Eierstöcken, Hirnanhangsdrüse, Hypothalamus, Schilddrüse und Nebennieren.

8. Spielt die Ernährung auch eine Rolle ?

Ernährung spielt eine entscheidende Rolle. Zu viele oder falsche Fette, zu viel oder falscher Zucker etc. fördern die  Östrogendominanz. Damit nimmt das Risiko für Endometriose zu, aber auch für Brustkrebs, Eierstockkrebs, Gebärmutterkrebs und Myome. Fett- und Kohlenhydratüberschuss kann über Blockade wichtiger Stoffwechselwege zu mehr Körperfett und damit zu verstärkter Östrogen- Bildung (vor allem Östradiol- und Östron) führen.

Zu viele einfache Kohlenhydrate induzieren eine Insulinresistenz. Zucker werden in Fette und Fette wiederum in Östrogene umgewandelt. Auch hormonelle und immunologische Störungen werden durch einseitige und schadstoffreiche Ernährung gefördert.

9. Welche Rolle spielt der Stress?

Vor allem negativer Stress, sogenannter Disstress verstärkt die oben erwähnten Mechanismen: Bei Disstress kommen die Hormone oft völlig durcheinander: Meist finden wir ein deutlich vermindertes DHEA (Anti- Stress- Hormon), Serotonin (Glücks- Hormon) und Melatonin (Schlaf- Hormon). Disstress stört auch den Cortisol- Stoffwechsel: Es kommt zunächst zu einer erhöhten und im Laufe der Zeit dann verminderten Cortisol-Ausschüttung. Disstress verändert auch oft die Schilddrüsenhormone.

10. Nun wollen wir uns vor allem mit Umweltgiften befassen. Wie haben Sie herausgefunden, dass Umweltgifte eine Rolle spielen?

Viele Wissenschaftler(inn)en – u.a. auch an der Universität Heidelberg Frau Professor Gerhard und viele Mitarbeiter(inn)en – haben das im Laufe der letzten Jahrzehnte in mühevoller Kleinarbeit herausgefunden. Auch mein ehemaliger Chef, Professor Dr. med. Volker Zahn und ich haben Ende der 1980- er Jahre begonnen, uns mit dieser Fragestellung zu befassen. 1990 haben wir in unserem Lehrbuch der Umweltmedizin schon einiges über die Rolle der Xeno-Östrogene berichten können.

Wir hatten schon seit 1988 ein paar kleinere Studien angefangen und feststellen können, dass z.B. diverse Kunststoff-Weichmacher, vor allem Phthalate und Bisphenol A, aber auch z. B. Duftstoff-Zusätze auf Moschusbasis, Pestizide, Insektizide, Holzschutzmittel (wie Pentachlorphenol, Lindan, HCH, HCB) und vor allem Schwermetalle, wichtige (Teil)ursachen für gynäkologische und geburtshilfliche Krankheiten sind.

11. Wie können Sie meinen Leserinnen den Einfluss von Umweltgiften auf die Endometriose erklären?

Portrait der Künstlerin Hilly Kessler*

Umweltgifte schwächen das Immunsystem, fördern Infekte, stören und blockieren hormonelle Regelkreise. Viele Umweltgifte sind endokrine Disruptoren und erhöhen ganz konkret über Östrogendominanz, Progesteron- und Insulinresistenz das Risiko für Stoffwechselstörungen und Tumoren: Brustkrebs, Eierstockkrebs, Gebärmutterkrebs, Endometriose, Myome, Eierstockzysten etc.

Besonders problematisch sind sogenannte Metall-Östrogene. Sie beeinflussen/ verändern wichtige Entgiftungs- und Hormon- Stoffwechselwege. Schwermetalle erhöhen massiv das Risiko für hormonabhängige Tumoren. Dies wurde für Brustkrebs, Eierstockkrebs, Gebärmutterkrebs nachgewiesen. Und immer mehr Studien zeigen, dass es auch für die Endometriose zutrifft.

Diverse Umweltschadstoffe können synergistisch wirken (d.h. sie verstärken sich gegenseitig in ihrer Wirkung), indem sie z. B. infektionsbedingte Immunstörungen noch zusätzlich fördern und verstärken können. Die Wirkung von Umweltgiften (Xeno-Östrogene, Pthalate, PCB etc.) wird durch fett- und zuckerreiche Ernährung und durch Genussgifte wie Alkohol und Rauchen erheblich verstärkt. Alkohol wirkt als Lösungsmittel für endokrine Disruptoren und potenziert Immundefizite und Infekte.

Wir wissen inzwischen ganz gut, dass zahlreiche Umweltgifte das Hormonsystem direkt ungünstig beeinflussen können und zur Entstehung bzw. zum Fortschreiten vor allem einer höhergradigen Endometriose beitragen können.

12. Welche Umweltgifte sind denn bei Ihren Patientinnen am häufigsten gewesen?

Sehr häufig hatten (und haben) wir es mit Xeno- und Metall- Östrogenen zu tun, aber auch mit Pestiziden und vielen lipophilen Umweltschadstoffen, das sind Stoffe, die fettlöslich sind und sich im Fettgewebe ansammeln. Fast immer sind Schwermetalle beteiligt. Diese reichern sich immer über die Nahrungskette in tierischen Fetten an, vor allem in Fleisch und Fisch. Schwermetall- Belastungen erhöhen das Brust-, Eierstock-, Gebärmutterkrebs- Risiko. Schwermetall- Belastungen können wir aber relativ leicht feststellen und es gibt gute Entgiftungs- Methoden.

13. Wie kann frau herausfinden, welche Umweltgifte bei ihr eine Rolle spielen?

Wir machen bei unseren Endometriose- Patientinnen immer eine individuelle Schadstoff- Anamnese (= Befragung) und dann ggf. eine gezielte Labor- Untersuchung. Schadstoff- Analysen sind sehr teuer und werden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen. Je besser die Anamnese, desto gezielter können wir untersuchen und desto geringer sind letztlich die Kosten für die Schadstoffanalyse.

Wir fragen nach einer möglichen Schadstoffexposition zuhause oder im Berufsbereich (z. B. Hausbau, -Umbau, Renovierung, Baumaterial, Inneneinrichtung, Büroeinrichtung etc.), nach Zahnmaterialien (v. a. Amalgam = Quecksilber, Silber, Kupfer, Zinn), nach Kosmetika, nach Ernährungs- Gewohnheiten (vor allem nach tierischen Fetten (z. B. Nordsee-/ Ostsee-/ Mittelmeer-Fisch, Fleisch, Wild, Innereien), Pilzen, Fast food, Billig- Ölen, Billig- Zuckern, Fertignahrung etc..

Ergibt sich der Verdacht auf Schwermetall- Belastungen machen wir einen sogenannten DMPS-Mobilisationstest: Mit einer Kurzinfusion in die Vene (mit der speziellen Entgiftungs- Substanz DMPS) holen wir Schwermetalle aus dem Körper in den Urin. Der Urin wird dann in unser Speziallabor geschickt. Falls erhöhte Werte vorliegen, machen wir eine gezielte individuelle Entgiftung (z. B. mit Chelaten wie DMPS, DMSA, DPTA etc.).

In der Regel erfolgt eine leber-, nieren- und lymphstärkende phytotherapeutische Begleitung, auch eine spezielle Akupunktur wird eingesetzt. Bei Verdacht auf Gifte im Zahn oder Kiefer machen wir einen Speicheltest. Wenn sich Belastungen zeigen, muss eine entsprechende Zahnsanierung mit gleichzeitiger Entgiftungstherapie erfolgen. Im Ausnahmefall schicken wir auch Gewebeproben (z. B. Vaginal- oder Zervikalsekret, operativ gewonnenes Endometriose- Gewebe etc.) zur weiteren Prüfung auf Schwermetalle ins toxikologische Labor.

Ergibt sich anamnestisch eine berufliche und/ oder private Exposition, veranlassen wir gemeinsam mit geschulten Baubiologen oder Ingenieuren spezielle Analysen der häuslichen Umgebung und/ oder des Büros/ Arbeitszimmers (z. B. Proben von Boden, Decke, Inneneinrichtung, Möbeln etc.).

14. Welche ganzheitliche Behandlung schlagen Sie den Patientinnen vor?

Wir behandeln ausgedehnte Endometriose- Befunde ganz normal schulmedizinisch nach dem „Drei-Stufen-Behandlungskonzept“ von Prof. K. Semm und Prof. I. Mettler, bestehend aus Operation (Laparoskopie, ggf. Laparotomie), Schmerztherapie und den verschiedensten Möglichkeiten der Hormontherapien. Bei der ausgedehnten Endometriose (Blase, Darm, etc) lehrt die Erfahrung, dass ein zweizeitiges Vorgehen schonender sein kann, als wenn man bei einer Operation zu radikal vorgeht.

Eine höhergradige Endometriose therapieren wir zusätzlich mit standardisierten Scheidenzäpfchen, die aus einer Kombination von naturidentischem hochdosiertem Progesteron, hochdosiertem Vitamin D und hochdosiertem reduziertem Glutathion (GSH) bestehen. Wir konnten finden, dass Patientinnen mit höhergradiger Endometriose im Serum niedrigere Vitamin-D-Spiegel hatten als ein Normalkollektiv. Vitamin D zeigt gute hormonregulierende, immunstärkende, anti- entzündliche und anti- Krebs- Effekte.

Schon 1986 konnten wir nachweisen, dass die Funktionen der Östrogen- und Progesteron-Rezeptoren von einer wichtigen Substanz namens Glutathion und von einem wichtigen Enzym namens Glutathion-S-Transferase abhängig sind. Wir messen diese Substanzen im Blut. Finden wir einen Mangel, gleichen wir das gezielt aus. Wir machen oft spezielle Infusionen, u. a. auch mit dem reduzierten Glutathion (hochdosiert).

Wir fanden auch, dass Endometriose sehr oft mit einem Mangel an DHEA (Anti-Stress-Hormon) einhergeht. Wir haben vor kurzem darüber berichtet, dass in diesem Fall eine begleitende Therapie mit 7-keto-DHEA sehr erfolgreich sein kann. 7-keto-DHEA ist ein guter Gegenspieler zum Cortisol, wird aber bei der Frau – im Gegensatz zum DHEA – nicht in Östrogene umgewandelt. Das ist wichtig, weil sonst die Endometriose nicht bekämpft sondern gefördert werden würde.

15. Kann frau bei der Endometriose auch etwas mit Heilkräutern machen?

Ja. Es gibt eine Fülle von Heilkräutern (Phytotherapeutika), die bei Endometriose versucht werden können. Wir haben in früheren Publikationen darüber berichtet. Sowohl in der Traditionellen Westlichen Medizin (TWM), vor allem in der Hildegard- Medizin, als auch in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) gibt es bewährte Rezepturen. Ein aufsehenerrregender Artikel über die Erfolge von Akupunktur bei Endometriose wurde Ihnen in diesem Webmagazin bereits vorgestellt.

16. Können Sie uns ein paar TCM- Rezepturen vorstellen und wie wirken diese?

Gerne. Aus der TCM setzen wir gegen Endometriose- Schmerzen individuell u. a. folgende Rezepturen ein.

  • Gegen Qi- Stagnation und Blut- Stase: Rp. GEXIA ZHUYU TANG.
  • Bei Kälte und Feuchtigkeit: Rp. SHAO FU ZHUYU TANG (plus Rhizoma Atractylodis, Poria).
  • Bei Mangel von Qi und Blut: Rp. SHENG YU TANG (modifiziert).
  • Bei Imbalance von Leber und Niere: Rp. TIAO GAN TANG.

Gegen Prämenstruelle Beschwerden:

  • Bei Stagnation des Leber-Qi: Rp. CHAIHU SHUGAN SAN.
  • Bei YANG- Schwäche (YIN- Überschuß) von Milz und Niere: Rp. JIANGU TANG.
  • Bei einem überaktiven Leber- Qi: Rp.: QI JU DIHUANG TANG.

Gegen lange Blutungen:

  • Bei QI- Schwäche: Rp. JU YUAN JIAN.
  • Bei Hitze im Blut: Rp. BAO YIN JIAN.
  • Bei gestautem Blut: Rp. SHIXIAO SAN.

Die Phytotherapie muß aber individuell nach einer speziellen Befragung (TCM Anamnese) zusammengestellt werden. Die Kräuter werden nur über Apotheken bezogen, deren Qualität stimmt und die regelmäßig toxikologische Kontrollen durchführen. Leider ist das bei den chinesischen Kräutern – wie auch bei so mancher Ayurveda- Rezeptur – nicht immer ganz unproblematisch. Deshalb setzen wir viel lieber die altbewährten westlichen Heilkräuter ein.

17. Welche Rezepturen gibt es aus der Hildegard- Medizin?

Rezepturen aus der Hildegard- Medizin verwenden wir besonders gern. Wir haben damit über zwanzig Jahre gute Erfahrungen. Die Kräuter sind gut bekannt, sind nicht schadstoffbelastet. Die Apotheken, mit denen wir seit vielen Jahren sehr gut zusammenarbeiten, legen größten Wert darauf, dass die Heilpflanzen- Mischungen regelmäßig auf Schadstoffe getestet werden und schadstoff- frei bzw. -arm sind. Ich habe schon bei einigen Kongressen über die hervorragenden Erfolge mit den sogenannten „Frauentropfen G“ (g = gelbkörper- fördernd) berichtet. Ebenso mit dem sogenannten „Endometriose- Elixier“. Wer mehr darüber wissen will, findet diese zwei und hundert weitere Rezepturen im Buch „Hildegard von Bingen- Frauenheilkunde“ (St. Benno Verlag, Leipzig, erscheint im September 2011).

18. Können Sie uns diese zwei „Wunder- Rezepturen“ verraten ?

Gerne. Die Dosierung muss allerdings dann laborkontrolliert und individuell erfolgen. Einige Apotheken stellen die Rezepturen her, u. a. die Klösterl- Apotheke, München.

Alchemilla

 

 

Frauentropfen G (100 ml)

  • Alchemilla vulgaris UT 30 ml,
  • Agnus castus UT 30 ml,
  • Iris germanica UT 10 ml,
  • Lithospermum UT 10 ml,
  • Tanacetum vulgaris UT 10 ml,
  • Ruta graveolescens UT 10 ml.

Die folgende Dosierung hat sich bewährt:

Bei Endometriose Grad 1 und regelmäßigem Zyklus: 3 mal 20 bis 30 Tropfen in der zweiten Zyklushälfte (nach dem Eisprung bis kurz vor der Menstruation, d. h. bei einem 28- Tage- Zyklus vom 15.– 27. Zyklustag).

Bei Endometriose Grad 2 bzw. bei stärkeren Meno- und/oder Metrorrhagien: bis zu 5 mal 30 bis 50 Tropfen durchgehend, nach den Mahlzeiten (ggf. auch mit etwas Wasser oder Tee verdünnt).

Hedera

 

 

Endometriose- Elixier

  • Hb. hederae terr. 2 g,
  • Fr. anethi 2 g,
  • Hb. Millefolii 2 g,
  • Rhiz. zingiberis 1 g,
  • Flores caryophyllii 2 g,
  • Semen Apii grav. 1 g,
  • Vinum med. Ad 500 ml.

Dosierung: Bei regelmäßigem Zyklus: 3 mal 1 bis 2 Esslöffel tgl. (zyklusunabhängig). Bei stärkeren Menometrorrhagien bis zu 5 mal tgl. 2 Likörgläser durchgehend.

19. Sie machen auch Akupunktur bei der Endometriose?

Ja, das ist eine ganz erfolgreiche Methode. Vor über 20 Jahren (1989) begannen Prof. Dr. Volker Zahn und ich, das Konzept zu entwickeln. Wir haben inzwischen einige Tausend erfolgreiche Therapien gemacht und unser Wissen auch in vielen Kursen, v. a. für die DÄGfA (Deutsche Ärztegesellschaft für Akupunktur), an junge Kolleg(inn)e(n) weitergegeben.

In unserer TCA- Ambulanz hatten wir im Zeitraum von 1990 bis 1994 wöchentlich ca. 50 – 80 Patientinnen; davon etwa 20 – 25% mit Endometriose. Insgesamt wurden im Zeitraum von vier Jahren ca. 250 Patientinnen wegen Endometriose und /oder Uterus myomatosus konservativ schwerpunktmäßig mit Akupunktur behandelt. Bei fast allen erfolgte zusätzlich Phytotherapie und/oder Homöopathie. Bei etwa einem Drittel erfolgte zusätzlich Hormontherapie. Es zeigte sich innerhalb dieses Zeitraumes durch regelmäßige gynäkologische Untersuchungen einschließlich sonographischer Kontrollen, z. T. auch bei Laparoskopien, dass die Ergebnisse deutlich besser waren als ohne unsere Akupunkturbehandlung. Die Ansprechrate lag damals schon bei etwa zwei Dritteln.

Inzwischen haben wir schon einige tausend Therapien gemacht und einiges darüber publiziert. Bei Endometriose Grad 1 kann oft Dank guter Erfolge mit Heilkräutern und Akupunktur auf die Schulmedizin verzichtet werden. Bei Grad 2, 3 und 4 erfolgt Akupunktur und Phytotherapie ergänzend zur standardmäßigen schulmedizinischen Therapie. Gerade erscheint darüber ein Artikel von mir in der Deutschen Akupunkturzeitschrift.

20. Gibt es bestimmte Richtlinien zur Ernährung?

Ja, wir machen immer eine Ernährungs- Analyse und geben dann gezielte und individuelle Empfehlungen:

  • Zu meiden sind Genussgifte im Allgemeinen (Alkohol, Tabak – passiv und aktiv inhaliert – und Koffein). Kaffee enthält endometriosefördernde Kanzerogene (u. a. Methoxiglioxal, Katechol, Chlorogensäuren, Neo-Chlorogensäuren). Koffein kann auf östrogenabhängige Zellen mutagen wirken.
  • So wenig Alkohol wie möglich: Dieser wirkt als Lösungsmittel und kann die Effekte von Endokrinen Disruptoren, vor allem von Metall- Östrogenen potenzieren.
  • So wenig wie möglich tierische Fette. In diesen kumulieren Schwermetalle, Pestizide, Lösungsmittel etc. Am meisten Schwermetalle enthalten rote Fleischsorten: Schweine-, Kalb-, Rindfleisch und Wild
  • So viel wie möglich Lebensmittel reich an pflanzlichen Phenolsäuren, Getreide, Früchte (v. a. Birnen, Äpfel, Zitrusfrüchte), Gemüse, Nüsse, Kartoffeln (enthalten Gallussäure, Chlorogensäuren). Speziell Blumenkohl kann protektiv wirken, da er das Wachstum östrogenabhängiger Zellen stark hemmt.
  • Ich empfehle gerne das Buch „Endometriose-Schmerzfrei durch optimale Ernährung und…“ der Schmerztherapeutin Nicole von Hoerschelmann. Ihre eigenen Erfahrungen geben den wichtigen Hinweis, dass häufig der alleinige Verzicht auf Weizen und Erhöhung des Verzehrs von Gemüse und Obst die Endometriose zum Stillstand bringen kann. Zumindest die Schmerzen werden deutlich weniger. Ein Experiment, das jede Endometriosepatientin machen sollte.

21. Was können die Betroffenen für ihr Immunsystem tun?

Wir machen üblicherweise eine individuelle Immun- Analyse. Bewährt hat sich die Lymphozytendifferenzierung. Hier sieht man immer Schwachstellen. Bewährt haben sich Antioxidantien- Infusionen (hochdosiert), z. B. mit Vitamin-C, ggf. plus Folsäure, Vitamin-B-Komplex, reduziertem Glutathion etc.

Wir haben einige sehr bewährte Mischungen, die wir immer – je nach Immun- Labor- Ergebnis – individuell zusammenstellen. Gegen lokale Immundefizite und Entzündungen helfen Vaginal-Suppositorien mit hoch dosiertem Vitamin D, Natürlichem Progesteron und GSH (Reduziertem Glutathion). Der Therapieerfolg muss mit Laborbestimmungen kontrolliert werden.

Ganz wichtig ist auch, dass frau Methoden zur psychischen Stabilisierung erlernt. Ich empfehle gerne die Methode Wildwuchs, die seit Jahren erfolgreich von Angelika Koppe propagiert wird. Damit kann sie viele andere ganzheitliche Methoden sinnvoll unterstützen.

Weitere sehr hilfreiche Methoden sind in dem neuen Endometriose-Ratgeber von Becherer und Schindler dargestellt. Spezialisten, die in den vergangenen 20 Jahren mit ihren Methoden Erfahrungen bei Endometriosepatientinnen sammeln konnten, kommen darin zu Wort. Das FFGZ in Berlin hat eine sehr gute Broschüre zur Endometriose herausgegeben.

Außerdem ist inzwischen die 2. Auflage eines Buches über Endometriose von Frau Prof. Gerhard und Frau Kerckhoff im KVC-Verlag erschienen, in dem die Erfahrungen aus der Ambulanz für Naturheilkunde der Univ. Frauenklinik in Heidelberg verarbeitet sind. Dort hat Frau Prof. Gerhard herausgefunden, dass bei Umweltbelastungen sehr früh eine Gelbkörperunterfunktion nachweisbar ist. Außerdem hat sie mit ihrer Arbeitsgruppe hervorragende Therapieerfolge mit der Homöopathie erzielt.

22. Gibt es Ärztegesellschaften, die Ihre Methoden bei Endometriose einsetzen, an die sich die Betroffenen zur Arztsuche wenden können?

Ja. Ich empfehle vor allem die Mitglieder der NATUM. Das sind Frauenärzt(inn)e(n), die sich mit Gynäkologie, Endokrinologie, Immunologie, Naturheilverfahren, Umweltmedizin etc. regelmäßig beschäftigen, fort- und weiterbilden, und sich auch in einem Netzwerk gegenseitig helfen. Ich darf an dieser Stelle den Namen unserer Ehrenpräsidentin verraten: Frau Professor Dr. med. Ingrid Gerhard.

Über den Autor

Prof. Dr. med. Claus Schulte-Uebbing ist Frauenarzt mit der Spezialisierung Umweltmedizin, Endokrinologie, Onkologie und Immunologie. Er leitet das Umweltmedizinische Therapiezentrum am Dom in München. Vor über zwanzig Jahren (1988) fingen Prof. Dr. Volker Zahn und Schulte-Uebbing an der T.U. München mit den ersten Umweltmedizin- Vorlesungen an. Schulte-Uebbing ist Umweltmedizinischer Gutachter, Autor medizinischer Fach- und Lehrbücher und international gefragter Referent. Er hält regelmäßig Vorlesungen und hat seit 2007 eine Professur.

Prof. Dr. med. Claus Schulte-Uebbing
Umweltmedizinisches Therapiezentrum am Dom
Weinstr. 7A
80333 München
Tel.: 089/ 299655
Fax: 089/299672
E-Mail: dr-schulte-uebbing@t-online.de
http://www.dr-schulte-uebbing.de/

Über die Künstlerin

*Frau Dr. Hilly Kessler ist Frauenärztin in Luxemburg und international bekannte Künstlerin. Ihre Frauenportraits machen betroffen und nachdenklich. Für dieses Webmagazin hat Frau Dr. Kessler mir ihre Bilder zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!

http://www.hillykessler.com

Die übrigen Bilder stammen aus dem eigenen Archiv oder wurden von fotolia.com erworben.

Und hier geht es zum Presseverteiler.

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