Kürzlich habe ich Sie mit der ganzheitlichen Sicht der Endometriose vertraut gemacht. Sind Sie daran erkrankt, heißt es meist, wie es mal ein Kollege ausdrückte: „Nach der Endometriose ist vor der Endometriose“. Das mag leider stimmen, wenn Sie glauben, dass man Ihnen nur mit Operation, Chemo- und Hormontherapie helfen kann. Die vielen Ursachen, die gemeinsam das Entstehen einer Endometriose ermöglichen, müssen berücksichtigt werden, und das geht nur, wenn man neben dem Körper auch Umweltbedingungen und die geistige und seelische Ebene einbezieht.
Ende letzten Jahres ist ein sehr beeindruckendes Buch von Joachim Faulstich erschienen, das aufzeigt, wie altes Heilwissen unsere moderne Medizin verändern und bereichern kann. Der Glaube an ein sinnvolles großes Ganzes und die Arbeit mit inneren Bildern kann sogar in aussichtslosen Fällen den Heilungsprozess auslösen. Kürzlich wurde im ersten Programm ein Film dazu gezeigt, den Sie sich über das Internet ansehen können. Für Ungläubige mit unglaublichen Beispielen.
Ebenfalls Ende letzten Jahres erschien ein neues Buch zur Endometriose (s.u.). Ich hatte es Ihnen schon im letzten Endometrioseartikel vorgestellt. Darin kommen auch viele ganzheitliche Therapeuten zu Worte. Eine dieser Therapeutinnen hatte ich bereits kennen gelernt, da sie eine Aufsehen erregende Studie zur Endometriose mit einer neuen Therapiemethode veröffentlicht hatte. Zurzeit behandelt sie im Rahmen einer Studie erneut Frauen mit Endometriose, für die sie noch Teilnehmerinnen sucht. Deshalb habe ich ein Interview mit ihr geführt. Es hat die drei Schwerpunkte:
- Woraus besteht SART?
- Studienergebnisse mit SART bei Endometriose
- Aufruf zur Teilnahme an neuer Studie mit SART bei Endometriose
SART, eine neue Therapieoption, nicht nur bei Endometriose
Frau Dr. Schweizer-Arau, Sie haben eine neue Therapie entwickelt, die Systemische Autoregulationstherapie, abgekürzt SART. Woraus besteht SART?
SART stellt eine Kombinationsbehandlung aus Hypnotherapie und Traditioneller Chinesischer Medizin (TCM) dar.
Wie kamen Sie auf die Idee, diese beiden Methoden miteinander zu kombinieren?
Auf der Suche nach wirksamen Therapieformen für Befindlichkeitsstörungen und Schmerzen habe ich zuerst Hypnotherapie nach Milton Erickson und Ernest Rossi gelernt und anschließend Traditionelle Chinesische Medizin. Patienten berichteten in Trance häufig von Bildern und Gefühlen, die aus dem Verständnis der TCM einen Sinn ergaben (wie bspw. „ ich habe das Gefühl, einen Bluterguss im Bauch zu haben, oder ich empfinde die Schmerzen, als ob mir jemand ein Messer in den Bauch stoßen würde“). In der Kombination beider Therapieansätze habe ich eine erhöhte Wirksamkeit gefunden. Auch in China haben die Ärzte von jeher verschiedene Therapieformen miteinander kombiniert.
Bei welchen Erkrankungen haben Sie SART schon erfolgreich eingesetzt?
Vorwiegend kommen Patientinnen mit Kinderwunsch und Endometriose in meine Praxis nach Diessen. Aber verschiedene Schmerzzustände (Kopf-, Knie- oder Rückenschmerzen) und auch Erkrankungen aus dem Kreis der Autoimmunerkrankungen (Heuschnupfen, Neurodermitis, Psoriasis) konnte ich mit SART erfolgreich behandeln.
Seit wie vielen Jahren behandeln Sie schon Frauen mit Endometriose mit dieser Methode?
Mit Frauen, die an Endometriose leiden, beschäftige ich mich intensiv seit 15 Jahren.
Sie haben im Dezember letzten Jahres ein wunderschönes Buch über „Hoffnung bei unerfülltem Kinderwunsch“ herausgegeben (s.u.). Können Sie diese Hoffnung auch Frauen mit Endometriose machen?
Eigenartigerweise werden Patientinnen mit Endometriose besonders gut nach SART schwanger.
Studienergebnisse mit SART bei Endometriose
Sie haben ja ein kleines Wunder vollbracht, indem Sie aus der Praxis heraus eine so gute Dokumentation und Nachverfolgung Ihrer Patientinnen ermöglichten, dass die Ergebnisse in einer internationalen medizinischen Fachzeitschrift1 im Dezember erschienen sind. Wie sah diese Studie bei Endometriose aus?
Wir haben im Computer alle Patientinnen herausgesucht, die zwischen 1997 und 2008 mit der Diagnose Endometriose in die Praxis gekommen waren, mindestens zweimal eine Therapiesitzung mitgemacht hatten und die Therapie inzwischen beendet hatten. Insgesamt konnten wir 47 Patientinnen kontaktieren. Mit Hilfe standardisierter Telefoninterviews durch eine, den meisten Patientinnen nicht bekannte, Mitarbeiterin gingen wir der Frage nach, ob sich die Symptomatik seit Beginn der Therapie dauerhaft verbessert hatte, und ob Patientinnen mit Kinderwunsch inzwischen schwanger geworden waren.
Welche Ergebnisse hatte die Behandlung Ihrer Patientinnen mit SART?
- Von Beginn der Therapie bis zum Zeitpunkt der Befragung hat die Stärke und Dauer der Unterleibsschmerzen deutlich abgenommen (auf einer Schmerzskala von 0 bis 10 um durchschnittlich 5 Punkte).
- Der Anteil an Patientinnen, die immer oder sehr häufig Schmerzmittel benötigten, war von 60% auf 22% gesunken.
- 60% der Patientinnen kamen inzwischen ganz ohne Schmerzmittel aus.
- Das ist umso erfreulicher, als die mittlere Zeit zwischen Therapiebeginn und Telefoninterview bei 60 Monaten lag, d.h. die Verbesserungen waren dauerhaft.
Erstaunlich ist ja, dass von 31 Frauen mit Kinderwunsch 19 schwanger wurden, davon 14 von allein. Wie erklären Sie sich diese ausgezeichnete Schwangerschaftsrate?
Im Chinesischen bedeutet Unfruchtbarkeit wörtlich übersetzt keine Schwangerschaftsbedingung. Das Ziel der SART ist, die innere Harmonie und damit die Schwangerschaftsbedingung im Körper der Patientin zu verbessern. Das kann man vergleichen mit der Gartenerde, die gedüngt und vom Unkraut beseitigt wird, um für Nutzpflanzen die Wachstumsbedingungen zu erhöhen.
War denn bei allen Patientinnen die Endometriose durch eine Bauchspiegelung oder Operation gesichert? Und welche Schweregrade bzw. Stadien der Endometriose bestanden denn?
Die Diagnose war bei 46 Patientinnen durch eine histologische Untersuchung bestätigt worden, bei einer Patientin beruhte die Diagnose auf einer Ultraschalluntersuchung.
- Vier Patientinnen hatten das Endometriose-Stadium II,
- sechs Patientinnen das Stadium III,
- und 37 Patientinnen das Stadium IV, also schwere Endometriose.
Wie oft kamen die Frauen denn zur Behandlung?
Im Mittel zwölf Mal. Aber es hat sich gezeigt, dass es vor allem zu Beginn der Therapie günstig ist, wenn die Frauen regelmäßig jede oder alle zwei Wochen zur Therapie kommen.
Wurden die Frauen denn gleichzeitig schulmedizinisch behandelt?
Alle Patientinnen waren regelmäßig bei einem Frauenarzt in Kontrolle. Selbstverständlich nahmen sie bei Schmerzen Schmerzmittel ein. Einige Patientinnen unternahmen eine IvF-Behandlung. Vier Patientinnen, deren Schmerzen zwar besser wurden, aber bei denen ich einfach kein gutes Gefühl hatte, schickte ich zudem zu einem bekannten Spezialisten für Endometriose. Der stellte dann lebensgefährliche Endometriosewucherungen an wichtigen Organen wie z.B. dem Harnleiter, Dünn- oder Dickdarm fest, die trotz mehrfacher Untersuchungen und Voroperationen nicht entdeckt worden waren. Diese Herde wurden dann operativ saniert.
Welchen Stellenwert hat für Sie SART?
Ich sehe in dieser Therapieform eine sinnvolle Ergänzung zur herkömmlichen Medizin, bei der im Wesentlichen objektiv Messbares und Sichtbares Beachtung findet und in eine Diagnose einfließt. SART berücksichtigt dagegen vor allem das subjektiv Empfundene und Wahrnehmbare, das eher durch subtile Gefühlswahrnehmungen erfahrbar ist und das bisher in unserer Medizintradition weniger Beachtung erfahren hat. Subjektive Empfindungen wurden eher als psychovegetativ abgetan. „Hab dich nicht so wegen ein bisschen Menstruationsschmerzen“, das haben viele Frauen mit Endometrioseschmerzen gehört.
Patientinnen mit Endometriosebeschwerden haben deshalb im Durchschnitt 8 Jahre Schmerzen hinter sich, bis sie erstmals ernst genommen werden und jemand die Diagnose Endometriose stellt.
Zur TCM gehört ja nicht nur die Akupunktur, sondern auch die Ernährung und die Kräutertherapie, haben Sie immer auch dahingehend beraten und behandelt?
Ratschläge zur Ernährung und vor allem auch Kräutertherapie, meist in Form von Tees, sind ein wichtiger Bestandteil der Therapie. Daneben nehmen viele Patientinnen an Qi Gong- Kursen teil oder stellen ihre Ernährung nach den Fünf Elementen zusammen. Die Ernährung nach den Fünf Elementen ist eine individuelle Ernährung, die die Grundlage zur Behandlung aller Krankheiten liefert. Im Gegensatz zu den westlichen Ernährungs-Richtlinien berücksichtigt die Ernährung nach den Fünf Elementen den Menschentyp und seine unterschiedlichen Bedürfnisse. Es gibt mittlerweile einen guten Ratgeber zu Endometriose und Ernährung von Frau Britta Kaiser und Herrn Dr. Korell dazu, den ich gerne empfehle.
An der UFK Heidelberg hatten wir ja ähnlich gute Ergebnisse bei Frauen mit Endometriose, die wir mit homöopathischen Konstitutionsmitteln behandelten. Würden Sie nach Ihren Erfahrungen behaupten, dass Endometriose heilbar ist?
Heilung ist ein großes Wort. In jedem Fall können die Symptome vollständig verschwinden, das habe ich immer wieder erlebt. Ich habe auch einige Patientinnen, bei denen im Laufe der Jahre die Endometriose wenigstens im Ultraschall nicht mehr nachweisbar ist.
Aufruf zur Teilnahme an neuer Studie mit SART bei Endometriose!
Die Veröffentlichung1 der Daten haben Sie ja mit einer Kollegin der Universität München gemacht. Auch die Ärztinnen in der Frauenklinik München sind so angetan gewesen von den Resultaten, dass Sie jetzt alle gemeinsam mit einer neuen kontrollierten Studie begonnen haben. Unter erschwerten Bedingungen wird nun ganz genau geprüft, wie erfolgreich Ihre Methode für Patientinnen mit Endometriose ist. Wie sieht die Planung dieser Studie aus?
Wir vergleichen in dieser Studie zwei Gruppen von Patientinnen: ein Teil der Patientinnen wird drei Monate lang mit SART behandelt, während eine zweite Gruppe für drei Monate keine Behandlung erhält. Vor und nach diesen drei Monaten werden ausführliche Messungen gemacht. So füllen die Patientinnen verschiedene Fragebögen aus, sie werden gynäkologisch untersucht, und es wird eine Aufnahme des Gehirns gemacht.
Mit der Studie wollen wir prüfen, ob sich bei den behandelten Patientinnen zusätzlich zur Abnahme der Schmerzen auch körperliche Veränderungen dokumentieren lassen. Dies stellt man dadurch fest, dass man die Ergebnisse der Behandlungsgruppe mit den Ergebnissen der unbehandelten Gruppe vergleicht.
Worauf müssen sich die Frauen einstellen, die an der Studie teilnehmen wollen?
Die Patientinnen müssen einen Monat vor Studieneinschluss alle Arten von Dauermedikation gegen Endometriose absetzen, z. B. Hormone. Mittel gegen akute Schmerzen sind natürlich weiterhin erlaubt. Außerdem müssen die Patientinnen damit rechnen, nicht von Anfang an in die Behandlungsgruppe zu kommen; die Zuteilung in die zwei Gruppen erfolgt streng durch Zufall nach Losentscheid.
Patientinnen in der Kontrollgruppe müssen drei Monate warten, bis sie mit SART behandelt werden können. Sie werden in dieser Zeit gynäkologisch (von Frau Priv. Doz. Popovici) betreut. Vor der Studienteilnahme, nach 3 Monaten und nach 6 Monaten erfolgt eine schmerzlose Magnetresonanztomographie (MRT)- Untersuchung des Kopfes. Dabei möchten wir herausfinden, welche Netzwerke im Hirn durch die SART- Therapie möglicherweise beeinflusst werden, wenn es zur Schmerzminderung kommt. Daraus könnten sich nicht nur Hinweise auf die Wirkungsweise von SART ergeben, sondern auch neue Ansätze für die Entwicklung hilfreicher Medikamente.
Wo können sich die Frauen anmelden, die mitmachen wollen?
Sie können sich entweder direkt an mich wenden (s.u.), oder an die Gynäkologin, Frau Priv. Doz. Dr. Roxana Popovici, TU München (089-4140-5955, roxana.popovici@lrz.tu-muenchen.de).
Was können Sie Frauen vorschlagen, die von weiter her kommen, berufstätig sind und die nicht mehrmals in der Woche zu einer Behandlung zu Ihnen anreisen können?
Die Therapie findet in meiner Praxis in Diessen am Ammersee statt. Für Patientinnen, die von weit her anreisen, biete ich eine kostenlose Unterkunft an. Aber eine regelmäßige Anreise zur Therapie von weit her ist für die Patientinnen schon mit einem hohen Engagement verbunden, die hoffentlich später auch anderen Patientinnen mit Endometriose zu Gute kommen wird.
Hier finden Sie die Originalpublikation:
Meissner, K. ; Böhling, B. ; Schweizer-Arau, A.
Forsch Komplementmed 2010;17:314-320 (DOI:10.1159/000322890)
Dr. Annemarie Schweizer-Arau wurde 1955 in Diessen geboren. Mit 12 Jahren hatte sie ein Erlebnis, das in ihr die Überzeugung festigte, Medizin studieren zu wollen und eine Lösung für „rätselhafte Krankheiten“ zu suchen.
Nach dem Abitur machte sie eine Graveurlehre und studierte dann in Florenz und München Medizin. Schon während des Studiums und des Praktischen Jahres merkte sie, dass die herkömmliche Behandlung meist an den Beschwerden der Patienten vorbei geht. So arbeitete sie nach der Doktorarbeit in der Kinderchirurgie in einer Psychosomatischen Klinik. Parallel begann sie eine Ausbildung in Hypnotherapie und dann in chinesischer Medizin.
Seit 1997 hat sie eine eigene Praxis in Diessen am Ammersee in ihrem Elternhaus. Sie entstammt einer Familie, die sich seit Jahrhunderten mit Kunsthandwerk (Zinnfiguren) beschäftigt. Der Behandlungsraum ist der Raum, in dem ihr Vater und auch sie geboren wurden. In diesem Raum möchte sie auch weiterhin den Weg für das Leben und die Fruchtbarkeit fördern.
Dr. Annemarie Schweizer-Arau kombiniert die verschiedenen Methoden der westlichen und östlichen Medizin. Sie hat sich daneben viel mit der Selbstorganisation komplexer Systeme beschäftigt, systemische Autoregulation genannt.
Krankheiten sind nach diesem Verständnis Dysregulationen eines komplexen Systems aus Körper, Geist und Seele. Es gilt also, die Selbstregulation wieder in Harmonie, ins Gleichgewicht zu bringen. Eine wesentliche Bedeutung kommt dabei der „Ausleitung“ von aufgenommenen, aber nicht adäquat verarbeiteten Einflüssen zu. Dies geschieht über die verschiedenen Körperöffnungen (Urin, Stuhl, Tränen, Aussprechen, Atmung, Erbrechen). Wichtig ist auch der Aspekt, was die „Patientin“ selbst für ihre Gesundheit tun kann. Dabei stehen Ernährung und Körperübungen, aber auch Moxa und Massage an oberster Stelle.
Ziel ist, dass die „Patientin“ aus der (patienten=) erduldenden Haltung herauskommt.
In diesem Buch über Endometriose von Prof. Schindler und Dr. Becherer finden Sie ein Kapitel von Frau Dr. Schweizer-Arau zur SART. Außerdem Kapitel zur Ernährung, Homöopathie, Visualisierung usw.
Dr. A. Schweizer-Arau
Herrnstr.7
86911 Diessen
tel 08807-8869
dr@schweizer-arau.de
Die Fotos stammen aus dem Archiv von Dr. Schweizer-Arau und Fotolia.com.
Haben Sie auch schon Erfahrungen mit ganzheitlichen Therapien bei Endometriose, dann berichten Sie uns doch von Ihren Erlebnissen und schreiben Sie einen Kommentar!