Modell der vier Jahreszeiten
Der weibliche Zyklus ist ein faszinierendes und komplexes Phänomen, welches das Leben von Frauen über eine lange Lebensspanne hinweg beeinflusst. Viele Frauen empfinden ihren Zyklus nach wie vor als störend oder gar belastend. In letzter Zeit gibt es jedoch neue Sichtweisen, die den weiblichen Zyklus in einem neuen Licht erscheinen lassen.
Eine dieser neuen Sichtweisen umfasst das Konzept der Weiblichen Jahreszeiten. Es betrachtet den Zyklus als natürlichen Prozess mit ganz eigenen Stärken und Potenzialen, die in jeder Phase zum Ausdruck kommen und zur Gesundheitsförderung sowie für mehr Wohlbefinden genutzt werden können.
In diesem Artikel wird das Konzept der weiblichen Jahreszeiten näher betrachtet und aufgezeigt, wie Frauen ihr Leben im Einklang mit ihren natürlichen Zyklen gestalten können.
Gesundheitliche Vorteile des Lebens im Einklang mit den weiblichen Jahreszeiten
Ein Leben im Einklang mit den weiblichen Jahreszeiten bringt gesundheitliche Vorteile mit sich.
Einige Leiden im Spektrum der Frauengesundheit, wie Menstruationsstörungen und -schmerzen sowie das Prämenstruelle Syndrom (PMS), können durch dieses Konzept positiv beeinflusst werden und manche Beschwerden sogar komplett abklingen.
Zudem fördert das Konzept der weiblichen Jahreszeiten die Akzeptanz der individuellen Situation und erhöht damit die Lebenszufriedenheit. So kann es bei allen möglichen Formen der Menstruationsstörungen, wie ein zu langer, kurzer oder unregelmäßiger Zyklus, Orientierung und Halt bieten.
Jedoch birgt das Konzept auch für Frauen ohne eine der genannten Einschränkungen einen Mehrwert.
Die Grundwerte des Konzepts der weiblichen Jahreszeiten
Das Konzept der weiblichen Jahreszeiten betont die Wertschätzung jeder einzelnen Zyklusphase und erkennt die jeweiligen Stärken im System der Frau an, die während dieser Zeit vorherrschen, anstatt sie zu ignorieren oder zu bekämpfen. Das Konzept folgt der Überzeugung, dass der weibliche Körper weiß, was er braucht. Es setzt voraus, dass die Frau nach Selbsterkenntnis und Entwicklung strebt und dass sie bereit ist, Verantwortung für den eigenen Zyklus zu übernehmen. Dabei ist der Fokus immer ressourcenorientiert und konstruktiv und fördert somit ein liebevolles Selbstbild.
Den weiblichen Zyklus nutzen: Hand in Hand mit dem Körper arbeiten
Ein entscheidender Aspekt des Konzepts der weiblichen Jahreszeiten ist der Fakt, dass jede Frau die weiblichen Jahreszeiten immer wieder durchläuft. Durch den sich wiederholenden Prozess können Reflexionsmomente und Routinen etabliert werden, um Bedürfnisse besser wahrzunehmen und um immer wieder die Weichen der eigenen Lebensplanung zu stellen.
Frauen können also ihren Zyklus für sich nutzbar machen und konstruktiv mit ihren Fähigkeiten arbeiten, die sich auf scheinbar mysteriöse Weise mal stärker zeigen und mal mehr im Hintergrund stehen.
Zyklusarbeit lädt dazu ein, die eigenen phasenabhängigen Fähigkeiten weder zu verleumden oder zu verstecken, sondern sie zu nutzen und zu zelebrieren.
Das Modell der vier Jahreszeiten
Die Natur als Vorbild für den weiblichen Zyklus
Das Konzept der weiblichen Jahreszeiten basiert auf der Beobachtung von Zusammenhängen zwischen den Prozessen in der Natur und denen des weiblichen Zyklus. Die vier Phasen des weiblichen Zyklus – Follikelphase, Eisprung, Lutealphase und Menstruation – werden dabei den natürlichen Jahreszeiten gleichgesetzt. Dies ermöglicht es Frauen, ihren Zyklus auf eine überaus simple und einleuchtende Weise zu betrachten und zu verstehen.
Der weibliche Frühling
Der Frühling steht für den Beginn des Lebenszyklus in der Natur, in dem alles zu neuem Leben erwacht.
Eine Zeit des Neubeginns und der Kreativität
Genauso ist der weibliche Frühling eine Phase des Aufbruchs, des Wachstums und der Kreativität. Im Frühling steigen die Temperaturen, die Tage werden länger und das Pflanzenwachstum beginnt.
Auch im weiblichen Frühling finden Wachstums- und Aufbauprozesse statt. Durch vermehrte Östrogenausschüttung startet der Aufbau der Gebärmutterschleimhaut, und der Körper bereitet sich auf den Eisprung vor.
Das Leben drängt nach außen, was sich in gesteigerter Extraversion widerspiegeln kann. Es erwacht ein Drang zu Neugierde, Spiel, Abenteuerlust und Entdeckergeist.
Frauen können diese Energie nutzen, um neue Projekte zu starten, kreativ zu sein und ihre Ziele zu verfolgen.
Der weibliche Sommer
Analog zur Natur, die im Sommer in voller Blüte steht, erlebt die Frau im weiblichen Sommer ihre eigene Blütezeit.
Eine Zeit des Höhepunkts und der Schöpfung
Der Östrogengehalt ist in dieser Phase am höchsten und der Eisprung findet statt. Frauen fühlen sich in der Regel in dieser Zeit geselliger, energiegeladener und leistungsfähig. Die Schöpfungskraft ist stark ausgeprägt, sei es in geistiger, beruflicher oder sozialer Hinsicht. Auch Genuss, Spaß und die Freuden des Lebens haben in dieser Phase einen hohen Stellenwert.
Der weibliche Herbst
Der Herbst ist die Zeit des Rückzugs in der Natur.
Eine Zeit der Ernte und der Selbstfürsorge
Entsprechend richtet sich im weiblichen Herbst der Fokus mehr nach innen. Mit dem Führungswechsel im Hormonhaushalt – das Progesteron übernimmt die Kontrolle – rücken andere Aspekte in den Vordergrund. Frauen können sich stärker introvertiert fühlen und das Bedürfnis haben, Dinge abzuschließen, Projekte zu vollenden und aufzuräumen. Die Sensibilität steigt, und es wird einfacher, persönliche Grenzen zu erkennen.
Der Herbst ist auch die Zeit des Loslassens und Vergehens. Bäume streifen ihre Blätter ab, Pflanzen streuen ihre Samen und sterben. Ähnliche Prozesse finden auch im System der Frau statt, angefangen beim Absterben der unbefruchteten Eizelle über das Aussortieren auf mentaler oder sozialer Ebene bis hin zum Ausmisten und Aufräumen im Haushalt.
Vielen Frauen fällt diese Jahreszeit nicht leicht. Umso wichtiger wird es, Innenschau zu betreiben und herauszufinden, was weiterhin im eigenen Leben einen Platz erhalten darf, und was gehen muss. Der weibliche Herbst lädt darüber hinaus dazu ein, innezuhalten, sich auf sich selbst zu besinnen und auf die eigenen Bedürfnisse zu konzentrieren. Es ist also eine Zeit der Innenschau und Reflexion, des Loslassens sowie der Selbstfürsorge.
Der weibliche Winter
Im Winter ruht die Natur weitestgehend.
Eine Zeit des Rückzugs und der Intuition
Auch im weiblichen Winter findet eine Phase der Ruhe und Besinnung statt. Der Hormonhaushalt ist generell niedrig, und die Menstruationsblutung tritt ein. Das Schlaf- und Ruhebedürfnis ist bei vielen Frauen erhöht und somit ist es sinnig, sich auszuruhen, um Energie zu sammeln und sich auf Wesentliches zu konzentrieren. Es ist eine Zeit der Klarsichtigkeit, Intuition und Weisheit.
Der weibliche Winter eröffnet Möglichkeiten zur Planung und Visionierung, der Blick auf das Große und Ganze fällt nun tendenziell leichter. Frauen können diese Zeit nutzen, um Ziele zu setzen, dem eigenen Leben oder einem Projekt eine neue Richtung zu geben und neue Ideen zu entwickeln.
Das Wissen anwenden
Frauen können auf vielerlei Arten mit dem eigenen Zyklus umgehen.
Das Leben gemäß dem eigenen Zyklus gestalten
So kann man daran arbeiten, dass anstehende Aufgaben, Termine usw. in die jeweils passende Zyklusphase gelegt werden. Es können beispielsweise Aktivitäten, die einen nach außen gerichteten Fokus benötigen, eher in den weiblichen Sommer oder Frühling gelegt werden (z.B. Bewerbungen, Akquise, Recherche, Netzwerken, Vorträge, Feiern). Hingegen gehen Aktivitäten, die einen nach innen gerichteten Fokus benötigen, bei denen etwas abgearbeitet oder reflektiert wird, tendenziell im weiblichen Herbst oder Winter leichter von der Hand (z.B. Steuererklärung, Aufräumen, Kategorisieren, Ausmisten, Analysen aller Art).
Entscheidend ist es, die Grundausrichtung einer Aktivität herauszufinden: Ist sie eher nach Innen oder Außen gerichtet? Ist sie körperlich anstrengend oder muss ich dafür lange stillsitzen können? Muss ich dafür das Haus verlassen? Kostet mich die Aktivität Überwindung? Brauche ich viel Ruhe dafür? Brauche ich Mut, Offenheit, Kreativität? usw. Es klingt zunächst komplex. Aber mit der Zeit erkennt man recht schnell, wohin im Zyklus gewisse Aufgaben gehören. Natürlich lässt sich nicht immer alles umsetzen, und das ist auch gar nicht nötig. Es empfiehlt sich, klein anzufangen – sich mit einer weiblichen Jahreszeit gezielter auseinander zu setzen und im eigenen Tempo wohltuende Veränderungen anzustoßen.
PMS im Kontext der weiblichen Jahreszeiten
Um auch anzureißen, wie mit Zyklusstörungen im Kontext der weiblichen Jahreszeiten umgegangen werden kann, wird hier das Prämenstruelle Syndrom als Beispiel herangezogen. PMS tritt im weiblichen Herbst auf. Diese innere Jahreszeit behandelt die Schattenseiten der Psyche, es geht um Vergehen, Sterben und Loslassen. PMS fungiert als nicht zu überhörende Sirene und ist als Aufforderung zu verstehen, sich mit den eigenen Schattenseiten auseinander zu setzen.
Es ist ratsam, sich Reflexionsfragen wie Womit bin ich (diesen Zyklus) zufrieden? Womit bin ich (zurzeit/generell) unzufrieden? zu stellen – womöglich mit Hilfe professioneller Unterstützung. Zugleich sollten die eigenen Grenzen sehr bewusst reflektiert werden und konstruktive Selbstfürsorge und -akzeptanz umgesetzt werden. Sozialer Rückzug, Entschleunigung, Erholung und ein liebevolles Selbstbild sind einige wirkungsvolle Aspekte im Umgang mit PMS.
Betreibt man parallel zu dieser Seelenarbeit und Selbstfürsorge Maßnahmen, wie die Verwendung von naturheilkundlichen Arzneien, einer hormonausgleichenden Yogapraxis oder eine PMS-lindernden Ernährung, so ist man breit und stark aufgestellt, um PMS-Symptomatiken wirksam und nachhaltig zu begegnen. Es ist ein komplexer Weg, der der Frau Verantwortung abverlangt, aber er gibt ihr auch Handlungsfähigkeit zurück und zeigt, dass man PMS gegenüber nicht ohnmächtig sein muss.
Die Arbeit mit dem eigenen Zyklus – ein hochgradig individueller Weg
So individuell wie jede Frau sind auch ihre weiblichen Jahreszeiten. Das Modell gibt einen Überblick über die grundlegenden Strömungen in einem idealtypischen weiblichen Zyklus und soll lediglich als Orientierung für den eigenen Zyklus dienen. Es ist von essenzieller Bedeutung, in die Selbstbeobachtung zu gehen und die Beschaffenheit der eigenen Jahreszeiten zu analysieren. Es geht darum, die ureigenen Stärken und Fähigkeiten herauszufinden und nicht zum x-ten Mal neuen Normen und Idealbildern entsprechen zu müssen.
Vielleicht ist der eigene innere Winter gesellig und kuschelig und nicht zurückgezogen und ruhig. Womöglich fühlt man sich im inneren Frühling verletzlich und sensibel. Natürlich haben auch die eigene Persönlichkeit sowie die Lebensumstände ihren Anteil daran, wie die inneren Jahreszeiten sich ausdrücken. Körperliche Fitness, der Grad an Geselligkeit, Stresserleben, die psychische Konstitution, Mutterschaft, Arbeitslosigkeit usw. – all dies beeinflusst, wie Frauen ihre weiblichen Jahreszeiten erleben, welche Qualitäten, Bedürfnisse und Stärken vordergründig sind.
Fazit
Das Konzept der weiblichen Jahreszeiten ermöglicht eine engere Verbindung mit dem eigenen Körper und eine bewusstere Wahrnehmung der körperinternen Prozesse. Dadurch werden Frauen sensibler für Warnzeichen und können wirkungsvolle Werkzeuge entwickeln, um diesen zu begegnen. Indem Frauen lernen, ihren Zyklus zu verstehen und zu nutzen, können sie ihre Lebensplanung, das Fällen schwieriger Entscheidungen und ihre kreativen Kräfte positiv beeinflussen, und ein erfüllteres Leben im Einklang mit sich selbst führen. Das Konzept dient somit auch als Werkzeug zur Selbstermächtigung und fördert die persönliche Entwicklung.
Über die Autorin
Nora Konrad lebt und arbeitet in Köln als Potenzialanalytikerin und Malerin. Neben ihrem Masterabschluss in Erziehungswissenschaften und ihrer Yogalehrerausbildung bildet sie sich psychotherapeutisch weiter. Ihre Steckenpferde sind die Frauengesundheit, Sexualität und Partnerschaft. Mit dem Thema Zyklusgesundheit beschäftigt sie sich seit 13 Jahren.
Kontakt
Nora Konrad
Künstlerin & Autorin
Ebereschenweg 23
50767 Köln
Buchbesprechung von der Redaktion
Sicher sind Sie weder in der Schule noch in der Ausbildung/dem Studium jemals darauf hingewiesen worden, dass Frau die Qualität ihres weiblichen Zyklus steuern kann. Auch die mit der Menstruation einhergehenden möglichen Probleme könnte sie selber beeinflussen. Mit diesem Buch hat Nora Konrad allen Mädchen und Frauen ein großes Geschenk gemacht. Ihre Idee, die Zyklusveränderungen mit den uns geläufigen vier Jahreszeiten in Verbindung zu bringen, ist genial.
Wenn Mütter ihre Töchter in dieser Weise aufklären, wird schon den Teenagern verständlich, warum sich welche Hochs und Tiefs in ihrem Körper abwechseln. Die körperlichen und seelischen Vorgänge können natürlich eingeordnet werden. Sie werden nicht mehr als störend empfunden. Richtig bewertet kann Frau daraus Kraft und Selbstbewusstsein schöpfen. Mit der Anpassung des Lebensstils, der Praktizierung von Yoga und dem Einsatz von Heilkräutern können Frauen in jedem Lebensalter ihren Zyklus entspannt genießen und ihr volles Potential ausleben.
Das Buch ist sehr verständlich geschrieben. Wissenschaftliche Fakten, alternative Heilmethoden und spirituelle Überlegungen ermutigen Frauen, sich auf allen Ebenen mit ihrem Zyklus und ihrer Weiblichkeit anzufreunden und echte Frauengesundheit zu leben.
Haben Sie schon Erfahrungen mit den „weiblichen Jahreszeiten“ gemacht? Dann schreiben Sie doch hier einen Kommentar!
Ein sehr augenöffnender Text, danke!
Sehr interessant! Noras Buch hat mir sehr geholfen. Danke