Harnwegsinfekte begleiten manche Frauen ihr Leben lang. Schon kleine Mädchen können unter Blasenentzündungen leiden, da Bakterien relativ leicht von den äußeren Geschlechtsorganen den Harnleiter hochwandern. Junge Frauen klagen immer wieder über Blasenentzündungen oder Reizblase nach dem Geschlechtsakt. Manche Pille, die zur Verhütung eingenommen wird, reduziert schon deshalb das Risiko eines Schwangerschaftseintritts, weil durch rezidivierende Scheiden- und Blaseninfektionen normaler Geschlechtsverkehr nur noch sporadisch möglich ist. Durch die veränderte anatomische und hormonelle Situation in der Schwangerschaft sind auch in dieser Lebensphase Harnwegsinfekte häufig. In den Wechseljahren und danach bewirkt der Östrogenmangel ein Dünnerwerden der Scheiden- und Blasenschleimhaut, so dass Bakterien ein leichtes Spiel haben.

Viele Frauen helfen sich bei den ersten Anzeichen eines Harnwegsinfektes mit Pflanzentees. In diesem Webmagazin wurden schon verschiedene Behandlungsmöglichkeiten vorgestellt. In den letzten Jahren wurden auch die Inhaltsstoffe der Preiselbeere erforscht. In diesem Artikel berichte ich Ihnen von meinen eigenen Untersuchungen zur Wirksamkeit der Preiselbeere bei Harnwegsinfekten.

Häufigkeit von Harnwegsinfektionen

Etwa ein Drittel der erwachsenen Frauen leiden ein- oder mehrmals jährlich unter Harnwegsinfektionen. Man spricht dann von rezidivierenden Harnwegsinfekten, wenn ≥3 Blasenentzündungen im Jahr auftreten.

Ursache von Harnwegsinfektionen

Meist werden die Keime beim Geschlechtsverkehr eingeschleppt oder bei der Benutzung von Scheidendiaphragmen oder chemischen Verhütungsmitteln, vor allem wenn die bakterielle Besiedlung der Scheidenschleimhaut durch eine vorausgehende Antibiotikabehandlung geschädigt ist. Aber auch Männer können von Harnwegsinfektionen betroffen sein, wenn sich aufgrund einer Prostatavergrößerung die Blase nicht mehr vollständig entleert.

Beschwerden bei einer Harnwegsentzündung

Stark vermehrter Harndrang, Brennen beim Wasserlassen, der Harn ist trüb und eventuell blutig, Unterbauchschmerzen, Schmerzen im Damm und beim Mann Schmerzen in den Genitalien.

Das Auftreten von Fieber, Schüttelfrost, allgemeinem Krankheitsgefühl und Flankenschmerzen weist auf eine Beteiligung der Nieren hin und sollte sofort vom Arzt abgeklärt und behandelt werden.

Diagnostik von Harnwegsinfektionen

Zunächst sollte eine Urinuntersuchung aus dem Mittelstrahlurin (aus dem bereits laufenden Harnstrahl) erfolgen. Zur ersten Diagnostik eignen sich Teststreifen, die das Vorkommen von Leukozyten und Erythrozyten (Ausdruck der Entzündung) oder Nitrit (Ursache Colibakterien) anzeigen. Unter dem Mikroskop kann das sog. Sediment vergrößert beurteilt werden (Vorkommen von roten bzw. weißen Blutkörperchen, Steinkristallen (z.B. Harnsäure) sowie von Bakterien und Pilzen).

Beim Anlegen einer Kultur werden mehrere Nährböden mit Patientenurin beimpft. Falls Keime nach einer Bebrütung im Brutschrank auf den Nährböden wachsen, kann die Anzahl der Keime und die Keimbestimmung erfolgen mit anschließender Resistenzprüfung, um zu erfahren, ob ein bestimmtes Antibiotikum auch wirksam gegen den auslösenden Keim ist.

Unkomplizierte Blasenentzündung

Eine Entzündung der Blase liegt vor, wenn bei einer Keimzahl von mehr als 106 Keimen pro ml im Mittelstrahlurin Leukozyten und evtl. Erythrozyten nachweisbar sind. Ist das Nitrit am Teststreifen positiv, liegt eine Entzündung mit Escherichia coli vor, was bei unkomplizierten Harnwegsinfektionen meistens der Fall ist. Im Allgemeinen verlaufen Blasenentzündungen ohne Komplikationen, gelegentlich können aber auch Nierenbecken – und/oder eine Niereninfektion entstehen, im schwersten Fall mit Blutvergiftung, einer lebensbedrohlichen Situation, die eine intensivmedizinische Behandlung erforderlich macht.

Ursache komplizierter Harnwegsinfektionen

Zu den Ursachen zählen zum Beispiel das Vorliegen einer Schwangerschaft, Blasensteine, eine Störung der Blasenentleerung (z.B. bei einer Harnröhrenverengung (wie im Fall der Prostatavergrößerung)), eine Blasensenkung bei der Frau nach Schwangerschaften, eine Nervenstörung der Blase, Tumoren, Dauerkatheter oder Stoffwechselerkrankungen (z.B. Zuckerkrankheit). Bei jungen Frauen muss auch an eine sexuell übertragene Clamydieninfektion gedacht werden, die antibiotisch behandelt werden muss.

Reizblase

Bei der Reizblase bestehen Beschwerden wie bei einer Harnwegsinfektion, ohne dass Keime ursächlich beteiligt sind. Meist ist die Ursache funktionell. Eine Reizblase kann auch die Folge einer Bestrahlungsbehandlung sein, oder sie weist auf eine Medikamentenallergie hin. Bei 85% der Patienten kommt es zu Spontanheilungen.

Harnwegsinfektionen ohne Beschwerden

Ein Keimnachweis im Urin ohne Beschwerden tritt bei bis zu 0,5% der Männer auf, bis zu 10% bei Frauen und in bis zu 4% bei Mädchen. Man vermeidet heute das Wort „Harnwegsinfektion“, sondern spricht lieber von einer asymptomatischen Bakteriurie. Diese muss bei sonst gesunden Erwachsenen nicht behandelt werden. Nur bei Schwangeren sollte gescreent werden, welche Bakterien im Harn vermehrt sind und gegebenenfalls eine Behandlung eingeleitet werden. Bei älteren Menschen und Zuckerkranken kann auf Screening und Therapie verzichtet werden, da die Lebenserwartung durch die Keimbesiedelung nicht verringert wird.

Behandlung unkomplizierter Harnwegsinfektionen

Früher wurden Harnwegsinfektionen 3-5 Tage mit dem Antibiotikum Baktrim behandelt. Doch wegen der weltweit zunehmenden Resistenzen sehen die Leitlinien heute zwei andere Medikamente zur Kurztherapie vor:

  • Fosfomycintrometamol (Monuril 3.000 Granulat einmalig) oder
  • Nitrofurantoin: das gibt es von verschiedenen Firmen in unterschiedlichen Stärken, bspw. Nitrofurantoin RT 100mg zweimal täglich für 5 Tage. Bei immer wiederkehrenden Infektionenen kann nach Vorlage einer Resistenzbestimmung mit 50mg Furantoin über längere Zeit vorgebeugt werden.

Damit diese Infektionen nicht häufiger vorkommen, sollten alle anderen Maßnahmen ausgeschöpft werden. Ja, die europäischen Leitlinien sehen sogar vor, dass bei einer unkomplizierten Blasenentzündung zunächst gar nicht unbedingt gleich ein Antibiotikum verabreicht werden muss!

In einem früheren Artikel in diesem Webmagazin finden Sie zahlreiche ganzheitliche Methoden. Hier soll nur noch einmal zusammengefasst werden:

  • mehr als 2 Liter pro Tag trinken,
  • verschiedene Blasentees finden Sie hier oder in dem Pflanzenheilbuch von Frau Prof. Gerhard
  • alle 3 Stunden die Blase entleeren, vor allem aber nach dem Geschlechtsverkehr,
  • Blasenregion und Füße warm halten
  • sorgfältige Hygiene (Darmausgang von vorne nach hinten reinigen)
  • wirkstoffreiche Preiselbeerpräparate (siehe unten),
  • Entzündungshemmer (zum Beispiel den Weidenrindenextrakt Assalix in einer Dosierung von 3×3 Dragees pro Tag über 3 Tage),
  • gezielt nach dem Geschlechtsverkehr und am nächsten Morgen hochdosiert ein wirkstoffreiches Preiselbeer-Präparat trinken (siehe unten)
  • alternativ das pflanzliche Antibiotikum aus Kapuzinerkresse und Meerrettichwurzel (ANGOCIN Anti.Infekt N (Repha), mindestens 5×5 Tabletten pro Tag)
  • bei Frauen mit Östrogenmangel (Wechseljahre, bestimmte niedrig dosierte hormonelle Verhütungspillen) sollte mit Östriol als Scheidenzäpfchen die Blasenschleimhaut aufgebaut werden.

Wie die Preiselbeere bei Harnwegsinfektionen hilft

Die Preiselbeere gehört zur Familie der Heidelbeeren (Vaccinium). In Deutschlnad kennt man sie auch als Kronsbeere oder Moosbeere. Auch die Cranberry aus Nordamerika gehört zu dieser Familie, ist aber größer, wächst anders und schmeckt süßer.

Wirkungsmechanismus

Der Preiselbeerwirkstoff verhindert das Andocken der Colibakterien an die Schleimhaut des Harntrakts. Diese Wirkung steht in Bezug zur verabreichten Dosis (je höher, umso wirksamer). Auch in der Scheide waren nach dem Trinken von Preiselbeersaft weniger krank machende Bakterien nachweisbar.

Der Preiselbeer-Wirkstoff

Als wirksamkeitsmitbestimmende Inhaltsstoffe wurden verschiedene Proanthocyanidine (PAC) identifiziert. Die einzelnen Preiselbeer-Arten, die amerikanische Preiselbeere (Cranberry, Vaccinium macrocarpon), die europäische Preiselbeere (Vaccinium oxycoccus) und die Preiselbeere (Vaccinium vitis-idaea) sowie Mischungen aus den Preiselbeer-Arten unterscheiden sich hinsichtlich der Inhaltsstoffe. Deshalb können die mit einer bestimmten Beerenart oder einem bestimmten Präparat erzielten Ergebnisse nicht auf andere Beerenprodukte übertragen werden. Die Wirksamkeit muss für jedes einzelne Präparat separat in Studien geprüft werden.

Frische Preiselbeeren enthalten etwa 20 mg der wirksamkeits-mitbestimmenden Typ-A Proanthocyanidine pro 100 g. Die exakte Wirkstoffmenge variiert je nach dem Ernteort der Beeren. Im Wesentlichen hängt die Wirkstoffmenge vom Ausgangsmaterial ab (Beeren-Subspezies, Erntezeitpunkt). Bei der Verarbeitung und beim Aufbewahren der Preiselbeerzubereitungen muss mit einem Wirkstoffverlust gerechnet werden. Bei einer vergleichenden Untersuchung enthielt das „Preiselbeer-Trinkgranulat“ der Firma Alpinamed 22 mg Typ-A PACs in der Tagesdosis, weit mehr als andere Präparate.

Wirkstoffbestimmung

Keine der heute durchgeführten Methoden zur Bestimmung des Wirkstoffs in Preiselbeer-Arten ist optimal. Photometrisch gemessene Methoden überschätzen den Wirkstoffgehalt, weil sie auch unwirksame Abbauprodukte miterfassen. Die HPLC-Methode unterschätzt den Wirkstoffgehalt, weil nicht alle wirksamkeitsmitbestimmenden Inhaltsstoffe erfasst werden können.

Wirksamkeitsnachweis

Die meisten in einer aktuellen zusammenführenden Studie berücksichtigten Untersuchungen wurden mit der amerikanischen Preiselbeere durchgeführt. Nur drei der eingeschlossenen Studien enthielten in der Tagesdosis mehr als 36 mg Proanthocyane (photometrische Methode).

Studien mit einer höheren Wirkstoffmenge zeigten,

  • dass die Anzahl der Frauen mit aktiven Colibakterien im Harn um die Hälfte geringer war als in der Gruppe, die das Scheinmedikament erhielt,
  • Die Gesamtzahl der Harnwegsinfekte war geringer
  • und die Gesamtzahl der Antibiotikabehandlungen aufgrund von Harnwegsinfekten waren ebenfalls in der Preiselbeergruppe signifikant geringer.

In einer anderen Studie erhielten die Frauen mit der Tagesdosis eines Extraktes 5 bzw. 10 mg der wirksamkeitsmitbestimmenden Proanthocyanidine, was mit einer dosisabhängigen Verminderung der Coli-Bakterien im Harn einherging.

Auch in weiteren Studien, in der das Preiselbeerkonzentrat 9 mg dieser Proanthocyanidine enthielt, fanden sich

  • signifikant weniger baktrimresistente Bakterien im Harn als in der Kontrollgruppe.
  • Die Anzahl der Patientinnen mit wiederkehrenden Harnwegsinfekten war um 40% geringer gegenüber der Behandlung mit einem Scheinmedikament,
  • ebenso war der Bedarf an Antibiotika wegen Harnwegsinfekten reduziert und
  • die Jahreskosten für die Behandlung von Harnwegsinfekten waren niedriger.

Da die wirksamkeitsmitbestimmenden Wirkstoffe in der Preiselbeere bekannt sind und die Wirksamkeit der Preiselbeer-Zubereitungen dosisabhängig ist, gilt es nun, ein geeignetes Preiselbeerpräparat zu finden, das zuverlässig das Auftreten von Harnwegsinfekten verhindert. Es ist zu erwarten, dass eine Zubereitung aus der Preiselbeere, die 22 mg der wirksamkeitsmitbestimmenden Proanthocyane enthält (das Alpinamed® Preiselbeer-Trinkgranulat), wirksamer ist als Zubereitungen mit einem geringeren Wirkstoffgehalt. Schon allein um das Risiko der zunehmenden Antibiotika-Resistenz zu minimieren, sollten wirkstoffreiche Präparate aus der Preiselbeere zur Vorbeugung von rezidivierenden Harnwegsinfekten versucht werden.

Aber Achtung: Für Sie als Laie ist es unmöglich, aus den von den Firmen angegebenen mg Proanthocyanen zu entscheiden, welches Produkt am höchsten konzentriert ist. U.a. weil sich die Bestimmungsmethoden so unterscheiden und weil die Proanthocyane zu einer großen Wirkstofffamilie gehören.

Aufgrund der kürzlich an der Universitaet Bonn durchgeführten Laboruntersuchungen schlage ich vor, es einfach mit 2 Sachet des Alpinamed® Preiselbeer-Trinkgranulats zu versuchen, bei staerkeren Beschwerden 2 x 2 Sachets pro Tag, bei akuten Beschwerden für ein paar Tage sogar 3 x 2 Sachets pro Tag. Eigene Untersuchungen zeigen, dass die in 2 Sachets Trinkgranulat enthaltene Wirkstoffmenge der in einer Tasse Biotta® Preiselbeer Pursaft entspricht oder in 2 Tassen eines anderen Muttersaftes. Doch ist das tägliche Trinken von bis zu 3 Tassen Biotta® Pursaft für viele nicht einfach.

Bezugsadresse

In der Schweiz und in Österreich können Sie das hochkonzentrierte Alpinamed® Preiselbeer-Trinkgranulat überall in den Apotheken und Drogerien kaufen. In Deutschland bisher leider nicht. Sie können es sich hier online bestellen.

Ich versichere Ihnen, dass unsere Forschungsarbeit zur Preiselbeere firmenunabhängig erfolgte. Für eine Rückmeldung des Behandlungserfolgs oder -misserfolgs wäre ich Ihnen sehr dankbar.

Über die Autorin

Prof. Dr. Sigrun Chrubasik war während des Medizinstudiums Stipendiatin der Studienstiftung des Deutschen Volkes. Ab 1976 Facharztausbildung für Innere Medizin an den Universitäten Erlangen, Ulm und Heidelberg. Seit 1997 intensive pharmakologische Studien (Schwerpunkt „Pflanzliche Drogen“) in den letzten Jahren an der Universität Freiburg, zahlreiche Gast- und Honorarprofessuren im Ausland. Ehrung mit verschiedenen Wissenschaftspreisen, zuletzt 2013 Forschungspreis für Komplementärmedizin der NATUM.

Für Therapeuten wird es diesen Artikel incl. der Literatursammlung demnächst in der Zeitschrift „Frauenarzt“ geben.

Kontakt:

Prof. Dr. Sigrun Chrubasik
Institut für Rechtsmedizin
Albertstr. 9
D 79104 Freiburg i.Br.
mail: sigrun.chrubasik@klinikum.uni-freiburg.de

Buchempfehlung

Dr. med. Ines Ehmer: Blasenentzündungen, Blasenschmerzen….damit müssen Sie nicht leben, Zuckschwerdt Verlag, München, ISBN 978-3-86371-088-0, 5. überarbeitete Auflage, 2013

Sie kennen die Autorin bereits durch ihren Artikel über die Schmerzen im Intimbereich und ihren Ratgeber „Probleme im Intimbereich-damit müssen Sie nicht leben“.  Neben Erklärungen zu Ursachen und zur Behandlung von häufig wiederkehrenden Blasenentzündungen hat Dr. Ehmer fast 100 Seiten der „interstitiellen Cystitis“ gewidmet, einer nicht bakteriellen, chronischen Blasenentzündung, die wegen ihrer Therapieresistenz vielen Frauen das Leben schwer macht. Wenn Sie sich umfassend über Blasenbeschwerden informieren wollen, empfehle ich Ihnen dringend dieses Buch.

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