Frauen mit chronischen Harnwegsinfektionen, meist handelt es sich um chronische Blasenentzündungen, sind oft Dauerpatientinnen bei Gynäkologen und Urologen. Sie suchen auch häufigen Rat bei naturheilkundlich- homöopathisch arbeitenden Ärzten. Denn das Problem der wiederkehrenden Harnwegsinfekte ist sehr komplex und kann die Lebensqualität der Betroffenen über Jahre schwer beeinträchtigen.
Vor einem knappen Jahr hat Frau Prof. Dr. Ingrid Gerhard der Zeitschrift BIO zu dem Thema der chronischen Blasenentzündung ein ausführliches Interview gegeben und hier publiziert. Heute möchte ich Ihnen das Problem aus der Sicht der Allgemeinärztin nahe bringen. Auf die meist erforderliche psychotherapeutische Begleitung soll in diesem Artikel nicht eingegangen werden.
Mögliche Ursachen einer chronischen Harnwegsentzündung
- allgemeine Abwehrschwäche bei Grunderkrankungen, wie Diabetes mellitus oder Multipler Sklerose
- längere Antibiotika- oder Cortisoneinnahme
- Pilleneinnahme zur Verhütung
- Blasen- und/ oder Nierensteine
- Anomalien der ableitenden Harnwege und der Nieren, Harnröhrenverengung
- wiederholte Anwendung von lokal wirkenden Verhütungsmitteln, wie Diaphragma oder Spermizide
- Hormonmangel in und nach den Wechseljahren
- Störungen der Darmflora
Symptome einer chronischen Harnwegsentzündung
Die Beschwerden ähneln denen einer akuten Blasenentzündung (Zystitis), zumal bei einem chronischen Harnwegsinfekt ein ständiger Befall mit Bakterien vorliegt. Die Schmerzen sind ständig vorhanden, es kann auch bei vorübergehender Verschlechterung der Immunlage zu Fieberschüben kommen. Die Frauen klagen über chronische Erschöpfung und Lustlosigkeit, es kann zur Blutarmut kommen. Die Lebensqualität und das aktive Sexualleben können erheblich belastet sein.
Diagnostik der chronischen Harnwegsentzündung
Vor jeder Therapieempfehlung müssen eine eingehende urologische und gynäkologische Untersuchung erfolgen.
Aus der Sicht der Ganzheitsmedizin können eine Stuhluntersuchung auf Störungen der physiologischen Bakterienflora sowie eine Mineralstoffanalyse des Vollblutes sinnvoll sein.
Die homöopathische Konstitutionsanamnese zeigt sowohl vererbte Dispositionen zu Harnwegsinfektionen als auch erworbene Faktoren für Resistenzminderung auf.
Behandlung der chronischen Harnwegsentzündung
Therapeutisch haben sich Behandlungsverfahren bewährt, die die Wiederherstellung der Immunkompetenz der Frau allgemein und auch lokal zum Ziel haben.
- Bei Diabetes, neurologischen Grunderkrankungen und möglichen Fehlbildungen muss primär eine interdisziplinäre Facharztbehandlung erfolgen. Aber auch in solchen Fällen schadet natürlich eine Immuntherapie nicht.
- Immuntherapie über das Darmimmunsystem mit mikrobiologischer Therapie und Einsatz einer Autovakzine, auch in Verbindung mit der Sanierung eines Candidabefalls des Darmes oder der Vagina.
- Ergänzung fehlender Mikronährstoffe, entweder oral oder als Infusionstherapie
- Konsum blasenfreundlicher Lebensmittel, die entzündungshemmend wirken, z.B. Preiselbeeren, Cranberries und Kürbiskerne
- Beratung zur Intimhygiene und zum Trinkverhalten
- Homöopathische Konstitutionsbehandlung zur Therapie einer angeborenen oder erworbenen Abwehrschwäche im Urogenitalbereich
Im Gespräch mit der betroffenen Patientin ist es sehr wichtig zu sagen, dass diese Behandlung viel Zeit und Geduld erfordert. Das Ziel, mal ein Jahr lang intensiv zu therapieren, ist sicherlich nicht unrealistisch. Wichtig ist der vertrauensvolle Arzt- Patientenkontakt, um auch Krisen oder Rezidive, die nicht unwahrscheinlich sind, abzufangen und sich nicht entmutigen zu lassen.
Über die Autorin
Dr. med. Gabriele Tille, Jahrgang 1956, ist nach ihrem Medizinstudium und der klinischen Weiterbildung seit 26 Jahren niedergelassen als Fachärztin für Allgemeinmedizin und klassische Homöopathie. Seit 1994 Privatärztin in Oberursel mit den Schwerpunkten Homöopathie, Naturheilverfahren, Moderne Mayr – Medizin, Männergesundheit, Frauengesundheit, Ernährungsmedizin und Prävention. Regelmäßige Durchführung von Seminaren und Fortbildungen für Ärzte, Hebammen und Heilpraktiker.
Dr. Gabriele Tille
Langwiesenweg 23 A
61440 Oberursel
Tel: 06171/580901
Fax:06171/55336
E-Mail: info@naturheilverfahren-hessen.de
www.naturheilverfahren-hessen.de
www.homoeopathie-ausbildungen.de
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Liebe Frau Prof. Gerhard,
zunächst möchte ich Ihnen für diese hervorragende Seite danken, ich habe hier schon sehr viel gelernt.
Nun zu meiner Frage: jeweils nach der Geburt – oder genauer nach dem Abstillen meiner beiden Kinder (geb. im Mai 2015 und August 2017, nach 7 Monaten abgestillt) hatte ich sehr gehäufte Harnwegsinfekte. Nach der ersten Schwangerschaft kam es zur Einnahme von 5 Antibiotika innerhalb eines halben Jahres. Vermeintlich in den Griff bekommen habe ich die Situation das erste Mal mit Darmsanierung, Strovac Impfung und Einnahme von Wobenzym. Ich bin nicht sicher, was gewirkt hat, oder ob alle drei Ansätze nötig waren. Jedenfalls war irgendwann Ruhe, ich war dann aber sehr schnell wieder schwanger. In der Schwangerschaft hatte ich dann gar keine Probleme mehr. Erst ca. zwei Monate nach der Geburt des zweiten Kindes hatte ich wieder einen Infekt. Seitdem kommt es immer mal wieder zu Infekten, im letzten Jahr insgesamt drei, so schlimm wie nach der ersten Schwangerschaft ist es bisher nicht, aber die Infekte sind auf jeden Fall sehr viel häufiger als vor den beiden Schwangerschaften (ca. alle zwei Jahre mal ein Infekt). Ich bin 35 Jahre alt.
Könnte es sein, dass die Häufung der Infekte durch einen (lokalen) Hormonmangel (Östrogen?) bedingt sind? Falls ja, wie wird das getestet und was kann man dagegen tun?
Vielen dank vorab für Ihre Hilfe!
Inga
Liebe Inga,
wie verhüten Sie denn jetzt? Ursache der HWI kann ein Mangel an Mikronährstoffen sein, da Sie durch Schwangerschaft und Stillen zu viel davon verloren haben. Außerdem eine gestörte Darmflora und eventuell ein lokaler Östrogenmangel. Am besten wiederholen Sie einfach die Therapien, die Sie schon kennen. denken Sie auch besonders an Jod, Vitamin D und Omega-3-fettsäuren. Gute Besserung!
Ich verweise auf meinen Beitrag
http://www.netzwerk-frauengesundheit.com/haeufige-harnwegsinfekte-helfen-zubereitungen-aus-der-preiselbeere/
Preiselbeerpraeparate unterscheiden sich extrem hinsichtlich ihres Wirkstoffgehalts. Nur Preiselbeerpräparate mit ausreichendem Wirkstoffgehalt sollten zum Einsatz kommen. Sollte eine Blaseninfektion mit dem Coli-Bakterium vorliegen, dann wäre es einen Versuch Wert, Biotta PUR-Saft 3×1 Tasse pro Tag oder Alpinamed Trinkgranulat 3×2 Sachets pro Tag über eine Woche zu trinken. Sollten die Beschwerden darunter nicht abnehmen, sofort den Hausarzt kontaktieren. Zur Vorbeugung von Harnwegsinfektionen sollte die regelmäßige Einnahme Biotta PUR-Saft 2×1 Tasse pro Tag oder Alpinamed Trinkgranulat 2×2 Sachets pro Tag versucht werden. Der Wirkstoffgehalt in diesen Dosisempfehlungen beruht auf Wirkstoff-Analysen an der Universität Bonn.
Die Empfehlungen
◾Ergänzung fehlender Mikronährstoffe, entweder oral oder als Infusionstherapie
◾Homöopathische Konstitutionsbehandlung zur Therapie einer angeborenen oder erworbenen Abwehrschwäche im Urogenitalbereich
sind nicht evidenzbasiert. Es fehlt der Wirksamkeitsnachweis.
Liebe Sigrun,
die Praxis zeigt leider, dass es mit der ausschließlichen Gabe von chemischen oder pflanzlichen Medikamenten bei chronischen Harnwegsinfektionen nicht getan ist. Immer noch gilt: „nicht das Bakterium macht die Infektion, sondern das Milieu bereitet ihm den Boden“. Auch wenn nicht evidenz-basiert, ist es in chronischen Fällen unabdingbar, das Milieu zu sanieren: Mangelerscheinungen auszugleichen, die Psyche zu stabilisieren und mit ganzheitlichen Methoden, wie Homöopathie oder TCM, das Gleichgewicht zwischen Körper, Geist und Seele wiederherzustellen.