Fast täglich treffe ich Bekannte oder ehemalige Patientinnen zwischen 50 und 60 Jahren, die über nicht enden wollende Hitzewallungen klagen und mir erzählen, was sie schon alles vergeblich versucht haben, um sie loszuwerden. Eine meinte neulich: „Tagsüber habe ich mich ja daran gewöhnt, ich genieße diese Wärmewelle sogar, die durch den ganzen Körper fließt, aber nachts werde ich fast verrückt, weil ich stündlich im Saft schwimme, mich umziehen muss und nicht schlafen kann. Wie soll ich da noch konzentriert meinen Job machen!“ Ein echtes Problem, denn viele der Gesundheitsregeln, die ich auch in meinem Frauen-Gesundheitsbuch beschrieben habe, kosten Zeit, und daran mangelt es den meisten Frauen, die noch im Beruf stehen und in diesem Alter oft auf dem Höhepunkt ihrer Karriere sind.
Noch bis vor wenigen Jahren wurden Frauen in den Wechseljahren mit synthetischen Hormonen behandelt. Dadurch wurde das Hormonchaos bei vielen erfolgreich normalisiert. Aber die Risiken für Thrombosen und Brustkrebs waren so deutlich, dass heute nur noch bei stärksten Beschwerden, die nicht anders behandelt werden können, diese Hormone verschrieben werden. Außerdem soll die Dauer der Anwendung möglichst kurz sein.
Lebensführung
Zunächst einige Tipps zur Lebensführung, mit denen Sie auf Dauer gesehen die Häufigkeit und Intensität der Hitzewallungen reduzieren können:
- Verzichten Sie auf Zigaretten, Kaffee, Alkohol und scharfe Gewürze.
- Essen Sie wenig Fleisch, dafür viel Obst und Gemüse. Vegetarierinnen haben nur selten lästige Wechseljahresbeschwerden.
- Reichern Sie Ihre Ernährung mit Pflanzenhormonen an: die Gruppe der Isoflavonoide ist besonders reichlich in Soja, Kichererbsen und anderen Hülsenfrüchten enthalten, die Lignane in Leinsamen, allen Getreiden, Mais, vielen Früchten und Gemüse. Sorgen Sie aber dafür, dass Ihr Darm gesund ist und alles richtig verdauen kann. Ergänzen Sie eventuell mit guten Darmbakterien, die dafür sorgen, dass die Pflanzenteile richtig aufgeschlossen werden und die Pflanzenhormone Ihren Zellen zur Verfügung stehen.
- Reduzieren Sie den Verzehr von Kohlenhydraten, bspw. in süßen Säften oder Kuchen, und essen Sie lieber mehr Eiweiß, bspw. fettarme Joghurt, Hüttenkäse.
- Essen Sie nicht zu spät und zu schwer zu Abend.
- Bewegen Sie sich regelmäßig an der frischen Luft: Walking, Jogging, Schwimmen, Radfahren, Tanz, mindestens dreimal in der Woche etwa eine Stunde.
- Härten Sie sich ab mit Sauna oder Kneipp-Anwendungen, machen Sie Massagen mit beruhigenden Körperölen, wie Fenchel, Hopfen, Salbei oder Lavendel. Auch Moorkuren in mittlerem Reizklima sind ideal.
- Lernen Sie aktive Entspannung, bspw. durch Autogenes Training, Yoga oder Qigong.
Naturheilkundliche Hilfen
Der Markt an Nahrungsergänzungsmitteln, nicht rezeptpflichtigen Pflanzenkonzentraten oder homöopathischen Mitteln für Frauen in den Wechseljahren ist in den letzten Jahren fast explodiert. Ich möchte Ihnen einige Produkte nennen, die Sie selber, aber natürlich am besten nach Rücksprache mit Ihrer Ärztin, einnehmen können. Dabei müssen Sie aber berücksichtigen, dass die Wirkung nicht sofort spürbar ist, sondern dass Sie mindestens viel Wochen abwarten müssen, bis Sie die Wirksamkeit beurteilen können. Dabei kann es durchaus sein, dass ein Produkt, was Ihrer Freundin geholfen hat, bei Ihnen gar nicht anschlägt, und umgekehrt, dass ein Mittel, auf das Sie schwören, Ihrer Freundin nicht hilft. In dieser Lebensphase reagiert wirklich jeder Körper anders!
Nahrungsergänzungen
- Nahrungsergänzungen aus milchsauer vergorenem Getreide, wie Kanne Brottrunk, oder aus gekeimtem Weizen, wie Multitaleen, enthalten viele Pflanzenhormone. Sie können mit allen Therapien kombiniert werden. Der Vorteil ist, dass die vielen Salze, die der Körper beim Schwitzen verliert, gleich mit aufgenommen werden.
Heilkräuter
- Sie können sich auch selber Tees aus Heilkräutern brauen. So haben Himbeerblätter, Rosmarin, Beifuss, Holunderblüten und Salbei eine Östrogenwirkung, Frauenmantel, Schafgarbe, Brennnesseln eine Gelbkörperhormonwirkung. Aber Vorsicht: nicht literweise davon trinken, sonst passiert ihnen womöglich das, was bei einer meiner Patientinnen der Fall war. Sie kam mit Blutungen, die 5 Jahre nach der letzten Periode eingesetzt hatten, in die Klinik. Die Schleimhaut in der Gebärmutter war hoch aufgebaut, eine Ausschabung sollte stattfinden. Glücklicherweise erzählte sie mir, dass sie seit 2 Monaten 1-2 L Salbeitee wegen der Hitzewallungen getrunken hatte. Der hatte die Wirkung wie richtige Hormontabletten. Auf die Ausschabung konnte verzichtet werden, sie musste nur vorübergehend Progesteron einnehmen und durfte erstmal keinen Salbeitee mehr trinken.
- Ein wunderbares Frauenmittel ist der Frauenmantel, Alchemilla. Alchemilla verkörpert mit ihren Blättern den weiblichen Schoß, aus dem die Pflanze in regelmäßigem Rhythmus einen Tautropfen „gebärt“. Sie steht für die Akzeptanz des Frauseins. Nehmen Sie 1-3 Tropfen täglich von CERES Alchemilla comp., gerne auch in jeglicher Kombination mit anderen Therapien.
Phytopharmaka
Konzentrierte Präparate aus Soja, Rotklee, Salbei, Türkischem Rhabarber oder Granatapfel kann man in Kapseln kaufen. Sie enthalten ebenfalls Pflanzenhormone und meistens noch zusätzlich Vitamine. Aber bitte nicht einfach das nächstbeste und billigste Präparat im Supermarkt kaufen. Besser lassen Sie sich in der Apotheke beraten, denn die sachgerechte Herstellung und eine genügend hohe Konzentration der Inhaltsstoffe ist für den Erfolg wichtig. Empfehlenswert ist bspw. Ellafem®, das neben 45 mg Isoflavonen auch wichtige Vitamine und Fettsäuren enthält.
- Extrakte aus der Traubensilberkerze sind Pflanzenheilmittel, die in Europa eine lange Tradition zur Behandlung von Hitzewallungen haben und wie Medikamente in vielen Studien überprüft wurden: am wichtigsten sind Remifemin (2×1 Tbl., anfangs doppelte Dosis) und Klimadynon, bzw. Klimadynon Uno (1x1Tbl).
Homöopathie und Schüßlersalze
- Schüßlersalze können Sie je nach Typ und Art des Schweißes sehr schön selber einsetzen, lesen Sie in einem Ratgeber nach, welche Kombinationen für Sie gut sind.
- Versuchen Sie es mit homöopathischen Komplexmitteln, wie bspw. Klimaktoplant Tbl., 3-5×1, oder den spagyrischen Tropfen KLIFE spag. Peka, 3×20.
- Noch besser ist es allerdings, wenn Sie einen homöopathisch arbeitenden Arzt kennen, der Ihnen ein für Sie passendes Einzelmittel verordnen kann. Die Wirkung tritt bei richtigem Mittel ganz rasch ein.
Akupunktur und TCM
- Auch die Akupunktur oder Kräuter aus der Traditionellen Chinesischen Medizin sind sehr hilfreich, wie wir in der Ambulanz für Naturheilkunde in Heidelberg in Studien zeigen konnten.
Hormontherapie
Leider gibt es auch einige Frauen, die auf keine dieser Therapien ausreichend ansprechen. Dann sollte man tatsächlich keine Angst vor einer vernünftigen Hormontherapie haben.
- Hier bieten sich die sogen. natürlichen Hormone an, Östradiol und Progesteron, wie der Körper sie bildet. Das Östradiol wird als Gel in die Haut eingerieben, bspw. Estreva Gel, wobei man die Dosis sehr schön auf die eigenen Bedürfnisse abstimmen kann. Progesteron gibt es als Utrogest als Kapseln zum Schlucken. Sprechen Sie aber auf jeden Fall mit Ihrer Ärztin ab, ob eventuell Risikofaktoren bei Ihnen vorliegen, die diese Art von Therapie verbieten würden: Thrombosen, Brustkrebs in der Familie, bestimmte Brusterkrankungen bei Ihnen usw.
Sie sehen die Vielzahl von Möglichkeiten, so dass wirklich für jede Frau und jede Situation etwas dabei ist. Gehen Sie die Liste von oben nach unten durch. Und suchen Sie sich eine in der Naturheilkunde erfahrene Therapeutin, mit der Sie sich beraten können.
Sehr geehrte Frau Prof Dr Gerhard, ich bin 47 und habe seit 9 Jahren keine Gebärmutter mehr. Habe Endometriose und eine umfangreiche PTBS mit mehreren Traumatisierungen.
Seit ca 3 Jahren schmiere ich 10% Progesteron- es hilft mir sehr bei der Endometriose, aber auch um nachts etwas ruhiger zu sein (im Rahmen meiner Möglichkeiten).
Nun beginnen auch bei mir die Wechseljahre. Kleine Schweißausbrüche treten vermehrt auf. Was mir aber am meisten zu schaffen macht, das der Blutdruck zwischendurch sehr niedrig ist und direkt das Herz wieder Gas gibt. Vitamin D , magnesium etc lasse ich 1x im Jahr durch meine Hausärztin überprüfen. Ich gehe regelmäßig zur Vorsorge bei meiner Gynäkologin da ist alles ok. Ich esse kein Fleisch, trinke viel Wasser und Tee, bin viel mit meinem Hund draußen. Und ratlos was ich nehmen kann um nicht gleichzeitig die Endometriose anzufeuern. Meno Elle habe ich bereits probiert, das hat nichts gebracht. Ich danke Ihnen sehr im voraus
Liebe Tanja,
mit ganz niedrigen Dosen von Östrogen über die Haut könnten Sie sich wahrscheinlich stabilisieren. Aber unbedingt unter der hormonellen Kontrolle eines Arztes oder Therapeuten, die sich mit bioidentischer Hormontherapie auskennen. Alternativ können Sie Remifemin versuchen. Alles Gute!
Sehr geehrte Frau Prof Dr Gerhard, leider ist es gerade sehr schwierig einen Termin bei jemandem zu bekommen der sich mit bioidentischen Hormonen auskennt. Ich habe versucht mich im Bereich Schüssler salze umzusehen und stoße dabei immer wieder auf das Frauentonikum HM von Pflüger- haben sie davon schon etwas gehört? Ich danke Ihnen sehr im voraus
Liebe Tanja,
dabei handelt es sich um ein homöopathisches Komplexmittel, hat also nichts mit Schüßlersalzen zu tun. Persönliche Erfahrungen mit diesem Mittel habe ich nicht. Ob die Inhaltsstoffe zu Ihren Symptomen passen, können Sie sicher leicht in Erfahrung bringen, auch in der Firma anrufen hilft oft weiter. Viel Glück
Liebe Frau Dr Gebhard
Ich bin 48 und habe aktuell vor allem starke Hitzewallungen welche gefühlsmässig in den Kopf steigen… das ergibt Kopfdruck, Schwäche, Müdigkeit. Ich habe bereits Schüsslersalze, Pflanzenpräparate mit Cimicifuga und Salbei sowie Nahrungsergänzung probiert.. nichts scheint zu helfen.
Ich bin so dankbar um einen weiteren Tipp!
Herzlich Sandra
Liebe Sandra,
besser nehmen Sie standardisierte Cimicifuga-Präparate als irgendwelche Mischungen. Und bitte mal an so einfache Hausmittel denken wie Armbäder u.ä, Alles Gute!
Hallo Frau Prof. Dr. Gerhard,
ich bin 48 Jahre und habe seit 7 Monaten Beschwerden. Zum heutigen Zeitpunkt, Oktober 2020, habe ich seit 5 Tagen durchgehend mit kleineren Pausen, ganz starke Kältewallungen, das Herz rast wie verrückt, Übelkeit, Atemnot zwischendurch, sodass man meint, es wäre gleich zuende mit einem!!. Nachts werde ich 2- 3 mal wach und kann nicht mehr richtig einschlafen. Herzrasen! Da sind auch mal Hitzewallungen dabei! Ich habe mehrere homöopathische Mittel versucht. Femi-Loges, Klima…. Meno Soja Doppelherz. Meine FA hat mir damals auch was auf pflanzlicher Basis mitgegeben, nichts hat bisher geholfen. Meine Periode ist noch da, zwar unregelmäßig, jedoch noch da!
Es gibt anscheinend gar nichts, was uns weiterhilft? Ausser einer Hormontherapie!? Verzweifelung pur!! Dann noch Corona!! So kann man doch nicht weiterleben?
Liebe Vanessa,
Verzweiflung pur muss da wirklich nicht sein! Haben Sie schon Traubensilberkerze (bspw. Remifemin plus) oder MenoElle versucht? Machen Sie Sport oder Yoga? Wie ernähren Sie sich? Es gibt so viele Schräubchen, an denen man/frau individuell drehen kann, das werden auch Sie weider in den Griff bekommen! Lesen Sie mal in diesem kleinen Ratgeber. LG
Hallo Frau Dr.Gerhard
Ich bin 55 Jahre alt und habe meine Hitzewallungen sind schon heftig. Schlimmer jedoch sind die Schlafproblene. Mal kann ich net einschlafen,da klopft mein Herz wie irre oder um drei,Vier Uhr ist die Nacht vorbei. Ich arbeite halbtags und da geht mir so langsam die Puste aus!!
Habe mir heute mal Frauenmanteltee besorgt. Allerdings ist es eine Mischung
Vllt haben sie ja einen Tip für mich.
Ich esse Obst,Gemüse. Ab und zu Fleisch. Gar kein Schwein .Kein Alkohol.
Liebe Regina,
unbedingt Magnesium einnehmen, wie in diesem Artikel beschrieben, das beruhigt auch das Herz. Am Ende gibt es eine gute Tabelle mit spezifischen Magnesiumverbindungen. In diesem Artikel lernen Sie alles über Schlafstörungen und welche pflanzlichen und hormonellen Unterstüzungen es gibt. Um drei Uhr ist die Leberzeit, da könnte Ihnen auch eine Leberentlastung gut tun. Viel Erfolg!
Hallo Frau Dr Gebhard,
Ich bin 44, seit einem Jahr habe ich Hitzewallungen, die ich zunächst mit Remifemin reduzieren konnte, dann durch eine Behandlung mit Rimkus-Kapseln, Zyklus war noch vorhanden, obwohl die Hormone im Keller waren. Davon bin ich nun weg… leider gab es bei der behandelnden Ärztin keine Termine mehr.
In den Rimkus-Kapseln war Progesteron und Vitamin D. Logisch habe ich mir nun von einer Frauenärztin Progesteron verschreiben lassen. … Seit einer Woche nehme ich diese und kann kaum aufhören zu weinen. Die Hitzewallungen haben zugenommen.
Ist das normal? Sollte ich „durchhalten“ und das als Anfangsverschlimmerung verbuchen? Was würden Sie raten?
Viele Grüße,
Miri
Liebe Miri,
ein ganz schönes Durcheinander bei Ihnen! Die Progesteronkapseln sind normalerweise zu hoch dosiert. Wenn Sie noch einen Zyklus hatten, können die Hormone nicht im Keller gewesen sein! Bloß nicht durchhalten sondern absetzen! Ohne einen Therapeuten, der sich wirklich gut mit der transdermalen bioidentischen Hormontherapie auskennt, sollten Sie die Finger von Hormonen lassen. Schauen Sie mal auf meiner Seite zur Arzt- und Therapeutensuche, vielleicht ist jemand in Ihrer Nähe, der Ihnen weiterhelfen kann. Sonst versuchen Sie es doch einfach mal mit einem anderen pflanzlichem oder homöopathischen Mittel. Alles Gute!