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Zum Bewegen eines Kraftfahrzeugs braucht man ein mehrwöchiges Training mit Abschlussprüfung. Wer Fische angeln will, muss einen Vorbereitungslehrgang von mindestens dreißig Stunden Dauer sowie eine Anglerprüfung absolvieren.

Nur zum Führen einer Beziehung braucht es außer einer zeitweise hormonell bedingten Verwirrung keine Bedingungen. Das halte ich für einen groben Fehler und es erklärt, warum Menschen zwar lebenslang ein Auto fahren oder eben angeln, wohingegen die Dauer von Beziehungen immer mehr abnimmt. Aus meiner Sicht sollte man schon in der Schule die wirklich wichtigen Kenntnisse des Lebens erwerben (und das sind für die meisten eben nicht die vier östlichen Nebenflüsse des Amazonas).

Diese verfehlte Lehrplanpolitik garantiert Tausenden von Paartherapeuten ihr Auskommen und Millionen von Paaren viel Leid. Deshalb möchte ich aus meiner langjährigen Arbeit mit vielen Paaren folgende Tipps geben:

1. Formulieren Sie Kritik als Wunsch.

Ein harscher Gesprächsbeginn lässt meist den weiteren Verlauf eskalieren. Beschwerden oder Ärgernisse rechtzeitig und angemessen zu äußern, ist wichtig. Doch bringen Sie derlei Themen am besten möglichst sanft ohne Schuldzuweisungen vor.

2. Akzeptieren Sie den Einfluss Ihrer Partnerin.

Dieser Tipp geht an die Männer. Je mehr ein Mann den Einfluss seiner Partnerin akzeptieren kann, umso besser geht es der Beziehung. Doch viele Männer projizieren das Bild der eigenen Mutter auf die Partnerin, einer Mutter, die sich vielleicht in alles einmischte und alles bestimmen wollte. Eine unbewusste Rebellion des “Mannes” ist oft die Folge.

Beispiel: Angenommen die Frau sagt: “Kannst du mir bitte beim Richten des Abendbrots helfen?” und der Mann reagiert mit “Ich schau jetzt fern, lass mich in Ruhe.”

Umgekehrt sind Frauen meist gut darin, den Einfluss ihres Partners ernstzunehmen und zu akzeptieren.

3. Sorgen Sie für einen respektvollen Umgang.

Glückliche Paare achten – auch nach vielen Jahren noch – darauf – achtsam und respektvoll miteinander umzugehen. Weigern Sie sich, verletzendes Verhalten des anderen durchgehen zu lassen oder ganz zu tolerieren (“Er/sie ist eben so. Er/sie meint es im Grunde nicht so.”) Je früher in der Beziehung Sie auf eine niedrige Toleranzschwelle gegenüber Kränkungen und Verletzungen achten, umso besser für die Beziehung. Wenn sich respektloses Verhalten erst einmal eingenistet hat, ist dem viel schwerer zu begegnen.

4. Lernen Sie, Rettungsversuche zu machen.

Erfolgreiche Paare wissen, wie man einen Streit nicht so weit eskalieren lässt, dass er außer Kontrolle gerät. Einer der beiden Partner startet einen “Rettungsversuch”:

  • Das kann eine humorvolle Bemerkung sein (am besten über sich selbst).
  • Oder eine verständnisvolle Geste (“Ich verstehe, dass dich das geärgert hat.”)
  • Schaffen Sie im Streit eine gemeinsame Basis. (“Das ist wirklich unser Problem.”) anstatt Schuldzuweisungen (“Das ist ganz allein dein Problem!”)
  • Geben Sie Raum.*Gehen Sie innerlich – aber zuweilen auch räumlich – einen Schritt zurück, um mehr Luft zwischen Ihnen zu schaffen.
  • Zeigen Sie Verständnis für die Gefühle des anderen.(“Ich schätze sehr, dass du … und ich danke dir dafür …”)

5. Vertagen Sie Streits nach 22.00 Uhr auf einen anderen Zeitpunkt.

Ebenso können Sie untertags, wenn die Diskussion zu hitzig wird, eine Pause von etwa 15 Minuten vereinbaren. Dann haben sich beide wieder beruhigt, und Sie können wieder besser sprechen und zuhören.

6. Vergewissern Sie sich Ihrer Gemeinsamkeiten.

Glückliche Paare vergessen auch in einem Streit nicht, dass die Gemeinsamkeiten das Trennende überwiegen. Und sie zeigen es auch durch positive Kommentare – auch während eines Streits. Beziehungen gedeihen am besten in einem positiven, wertschätzenden Klima. Anerkennende Äußerungen sind wie Einzahlungen auf das gemeinsame ‘Beziehungskonto’. Wenn dieses gut gefüllt ist, bringt auch ein Streit das Konto nicht gleich ins Minus.

7. Suchen Sie sich Unterstützung so früh wie nötig.

Nicht so ‘früh wie möglich’, sondern so früh wie nötig. Nämlich dann, wenn Sie merken, dass bestimmte destruktive Muster immer wieder zwischen Ihnen ablaufen – und Sie sie aus eigener Kraft nicht verändern können.

Im Durchschnitt wartet ein Paar über fünf Jahre, bis es sich Hilfe holt. (Aber über die Hälfte der Paare trennen sich bereits nach sieben Jahren.)

Sorgen Sie also vor.

Roland Kopp-Wichmann

Roland Kopp-Wichmann ist Dipl. Psychologe und arbeitet als Trainer, Coach und Therapeut in Heidelberg. Er hat sich auf intensive Persönlichkeitsseminare spezialisiert. Mehr von ihm können Sie in seinem Persönlichkeitsblog lesen.

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