Zu diesem Thema befragte mich Anfang des Jahres die Zeitschrift Bio. Einen Auszug aus diesem Interview möchte ich Ihnen hier vorstellen. Ausführlich lesen Sie es in Bio 1, 2010, S. 38-46.

wechseljahre_titel-frauenBio: Ein wichtiger Teil in Ihrem Buch behandelt das Thema „Wechseljahre“. Müssen Frauen heute denn wirklich Angst davor haben? Zumal die meisten Frauen ja wesentlich jünger wirken und aussehen, als sie tatsächlich sind?

Prof. Ingrid Gerhard: Eigentlich müssten sie keine Angst haben, aber man bekommt natürlich so viel von Freundinnen und aus der Presse mit, dass man sich automatisch fragt, wie wird das bei dir sein? Als ich Ende 30 war, hatte ich viel weniger Angst vor den Wechseljahren als vor den Nebenwirkungen der Hormontherapie! Gerade diese Frauen mit Beschwerden durch Hormone füllten meine Spezialsprechstunde. Damals kannte ich noch keine Alternativen. Kurzerhand schluckte ich einen Monat lang Hormone und beobachtete mich genau. Als ich überhaupt keine Veränderung bemerkte, setzte ich die Tabletten wieder beruhigt ab und wartete gelassen auf meine Wechseljahre. Die kamen dann auch irgendwann, aber so milde, dass keine Hormone nötig waren.

Glücklicherweise spüren ja ein Drittel der Frauen diese Umstellung gar nicht und ein Drittel nur so schwach, dass sie mit Lebensstilanpassung und sanften naturheilkundlichen Methoden gut über die Runden kommen. Aber etwa jede dritte Frau braucht wirklich die Hilfe eines Experten, der entscheiden kann, ob eine Hormontherapie notwendig ist.

Hormontherapie und Alternativen

Bio: Wie empfehlenswert sind synthetische Hormone? Und wie gefährlich sind sie? Müssen solche Hormongaben denn bis ans Lebensende genommen werden – eine schreckliche Vorstellung. Oder klingen typische Wechseljahrsbeschwerden ab einem bestimmten Alter von selbst ab?

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Prof. Ingrid Gerhard: Die meisten Erfahrungen liegen mit synthetischen Hormonen und konjugierten Östrogenen vor, so dass heute noch nicht endgültig beurteilt werden kann, ob die natürlichen Hormone generell weniger Risiken bergen. Dabei müssen Sie berücksichtigen, dass die Statistik von einem verdoppelten Risiko spricht, wenn von 1.000 Frauen, die 10 Jahre lang Hormone einnehmen, 44 eine Thrombose bekommen anstatt 22 ohne Hormone. Oder statt 38 Frauen mit Brustkrebs in der Hormongruppe erkranken 30 auch ohne Hormone daran.

Damit möchte ich sagen, dass ein gewisses Risiko für bestimmte Nebenwirkungen besteht. Dieses kann der Frauenarzt auf Grund einer genauen Anamnese aber abschätzen. Und wenn die Beschwerden zu unerträglich sind, wird er mit Recht Hormone verschreiben. Allerdings so niedrig dosiert wie möglich, mit regelmäßigen Kontrollen und nur für eine begrenzte Zeit. Denn die typischen Wechseljahresbeschwerden klingen nach einer gewissen Zeit ab. Man kann sie auch selber verkürzen, wenn man Lebensstil-Veränderungen wahrnimmt und sich positiv mit dem neuen Lebensabschnitt auseinandersetzt.

Bio: Welche „sanften Alternativen“ gibt es denn?

kichererbsenProf. Ingrid Gerhard: Wenn Sie von „sanften Alternativen“ sprechen, so sind das im Wesentlichen die Pflanzenhormone, die man über die Ernährung oder auch als Medikament einnehmen kann. Angeboten werden Medikamente auf Sojabohnenbasis, Rotklee, Türkischer Rhabarber, Salbei oder Traubensilberkerze. Im diesem Webmagazin finden Sie einen ausgezeichneten Überblick über den heutigen Kenntnisstand zu Sojaprodukten. Aber Vorsicht, nur weil die Pflanzenhormone als sanft gelten, muss das nicht heißen, dass sie nicht auch unerwünschte Nebenwirkungen haben könnten. Besonders wenn der Körper fast keine eigenen Östrogene mehr produziert, können die Pflanzenöstrogene auch stimulierend auf das Zellwachstum wirken. Aus diesem Grund rate ich Frauen mit Brustkrebsrisiko auch von der Einnahme hoch konzentrierter Produkte ab. Lediglich bei der Traubensilberkerze scheint es einen anderen Wirkmechanismus zu geben, so dass mir diese Produkte nach dem heutigen Erkenntnisstand als sicher erscheinen. Gerade Hitzewallungen lassen sich mit Pflanzenmitteln sehr gut lindern, wie Sie in einem anderen Wechseljahres-Artikel nachlesen können. Im Zweifelsfalle würde ich eher zu homöopathischen Medikamenten tendieren. In meinem Frauen-Gesundheitsbuch (S. 188-193) habe ich eine ganze Reihe von „sanften Alternativen“ genannt.

Viele Symptome, viele Ursachen möglich

Bio: Ab wann sind Frauen denn raus aus dieser hormonellen Umstellung?

Prof. Ingrid Gerhard: Ganz grob sagt man, dass die spürbaren hormonellen Veränderungen etwa 5 Jahre vor der letzten Periode anfangen können und danach noch etwa 5 Jahre andauern. Also handelt es sich im Durchschnitt um 10 Jahre. Das klingt zwar schrecklich lang, aber dabei muss man ehrlich zugeben, dass die Art und die Stärke der Beschwerden erheblich schwanken, so dass viele Frauen nach 1 bis 2 Jahren wieder ein neues Gleichgewicht gefunden haben.

Bio: Sind Symptome wie Verstimmungszustände, Schlafstörungen, nächtliche Schweißausbrüche in der Zeit nach den Wechseljahren denn auch noch normal? Ist vieles altersbedingt? Sollten, können sich Frauen mental darauf einstellen?

Prof. Ingrid Gerhard: In der Phase der hormonellen Umstellung in Verbindung mit dem zunehmenden Alter werden Körper und Seele der Frau empfindlicher. Sie reagiert viel sensibler auf krank machende Umweltfaktoren, beispielsweise Elektrosmog, Umweltgifte in der Wohnung und am Arbeitsplatz, eventuell auch Mobbing. Es wäre falsch, jetzt alle auftretenden Beschwerden auf die Wechseljahre zu schieben. Vielmehr sollte Frau sich fragen: „was kann ich jetzt in meinem Leben, meinem Umfeld ändern, damit ich mich wieder wohl fühle?“ . Dabei ist es wichtig, sich selber zu beobachten, seine Reaktionen auf bestimmte Umgebungen, Nahrungsmittel und Ereignisse wahrzunehmen und auf sein Gefühl zu vertrauen. Das kann einem sehr gut dabei helfen, herauszufinden, was gut für einen ist und was man besser meidet.

weinSo nimmt beispielsweise bei vielen Frauen in diesem Alter die Unverträglichkeit von milch- oder glutenhaltigen Produkten zu. Alkohol verschlimmert einige Beschwerden, tierisches Eiweiß oder Fett werden nicht mehr so gut vertragen.

rauchenRaucherinnen kommen früher in die Wechseljahre und leiden stärker unter ihren Folgen als Nichtraucherinnen. Insofern müssen Frauen (aber eigentlich gelten ähnliche Prozesse auch für viele Männer) sich mental auf zunehmende altersbedingte Einschränkungen einstellen und ein neues Lebensgefühl entwickeln.

Die Rolle der Ernährung

Bio: Wie kann die Ernährung helfen, die Zeit des Klimakteriums gut zu überstehen?

Prof. Ingrid Gerhard: Die Ernährung kann eine ganz große Hilfe sein, die wir normalerweise noch viel zu wenig nutzen. Pflanzenkost steht an oberster Stelle. Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte, Vollkorngetreide und Salat enthalten neben den wichtigen Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen auch sekundäre Pflanzenstoffe, die jede Körperzelle zur Aufrechterhaltung ihrer Funktion und zum Schutz vor vorzeitiger Alterung braucht.

Eine besondere Rolle spielen in dieser Phase die Pflanzenhormone. Die eine Gruppe, die Isoflavonoide, sind hochkonzentriert in Hülsenfrüchten enthalten, besonders in Sojabohnen und Kichererbsen. Die andere Gruppe, die Lignane, in Getreide und Pflanzen. Besonders reichlich findet man sie unter anderem in Leinsamen.

leinsamenWenn man es nicht gewohnt ist, macht es meiner Meinung nach für die meisten europäischen Frauen keinen großen Sinn, wenn sie plötzlich nur noch Sojaprodukte essen. Die Datenlage ist da sehr widersprüchlich. Dagegen bietet geschroteter Leinsamen viele Vorteile, die sich auch deutlich auf den Hormonstoffwechsel auswirken. 2 bis 3 EL pro Tag enthalten ausreichend Pflanzenhormone und andere wertvolle Inhaltsstoffe.

Mehr als in jüngeren Jahren muss Frau aber auf ihr Bauchgefühl hören, denn wenn der Darm die angebotene Pflanzenkost nicht richtig verarbeiten kann und die Gase den Darm und die Leber belasten, ist wenig gewonnen. Dann ist es wichtig, dass gute Naturheilkundeärzte eine gezielte Darm- und Lebertherapie durchführen.

kaffeeKaffee fördert Hitzewallungen und Schlafstörungen, ebenso Alkoholgenuss. Am besten beides reduzieren, wenn man merkt, dass die Beschwerden dadurch schlimmer werden. Auch der Konsum von tierischem Eiweiß und Fett sollte eingeschränkt werden.

Sport: Wichtig für Gemüt und Wohlbefinden

Bio: Wie wichtig ist Sport – und welcher – für ältere Frauen?

Prof. Ingrid Gerhard: Heute halten die Mediziner Bewegung und Sport fast für wichtiger als die perfekte Ernährung. Unzählige Studien zeigen, dass Sport Frauen vor Wechseljahresbeschwerden schützt, aber auch noch hilfreich ist, wenn bereits Beschwerden bestehen. Und dass darüber hinaus auch die Alterungsprozesse verlangsamt werden. Das gilt sowohl für die körperlichen als auch für die geistigen Fähigkeiten.

Dabei bestehen drei Schwerpunkte:

  • Kreislauftraining,
  • Muskelaufbau und
  • Gleichgewichts- und Koordinationstraining.

Durch Sport erhalten alle Organe mehr Sauerstoff, es werden Glückshormone freigesetzt und das Immunsystem angekurbelt.

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Flottes Spazierengehen, mindestens dreimal in der Woche eine Stunde, ist schon ein guter Anfang für Bewegungsmuffel. Intensiver ist Walking oder kräftiges Schwimmen. Mit dem Trainieren an Geräten, besonders wenn ein Risiko für Osteoporose besteht, kann in jedem Alter noch begonnen werden, aber nur mit guter persönlicher Anleitung.

Qigong oder Yoga sind ebenfalls sehr gut geeignet, da sie die Selbstregulation des Körpers steigern und den Stress abbauen helfen. Wichtig ist, man muss sich einen Sport suchen, der einem wirklich Spaß macht, sonst gibt man zu schnell auf. Häufig motiviert man sich auch in der Gruppe leichter, deshalb sollte man sich einfach mal in den örtlichen Sportvereinen informieren. Ich fühle mich in den letzten 30 Jahren mit verschiedenen Sportarten wohl. Nach Möglichkeit jogge ich zweimal in der Woche, im Sommer oft in der Gruppe auf dem Sportplatz. Mehrmals in der Woche mache ich meine Yogaübungen und versuche, mich einmal am Tag zur Meditation zurückzuziehen. Bergwandern, Schwimmen, Ski laufen sind zusätzlich ganz besondere Erlebnisse.

Sport ist auch deshalb wichtig, weil es uns nur dadurch möglich ist, unser Gewicht zu halten (siehe auch unseren Sport-Artikel in diesem Webmagazin). Ab etwa dem 30. Lebensjahr verlangsamt sich unser Stoffwechsel um ca. 1 Prozent, so dass wir bei unveränderter Bewegung und Ernährung jedes Jahr 1 Prozent unseres Körpergewichts zulegen würden. Dann brächte die schlanke, 60 Kilo wiegende Dreißigjährige mit 60 Jahren mehr als 80 Kilo auf die Waage. Und da Übergewicht ein Hauptrisikofaktor für Herz-Kreislauferkrankungen, Zuckerkrankheit und bestimmte Krebsformen ist, hat jede Frau die Chance gesund älter zu werden – wenn sie gerade auch nach den Wechseljahren auf ihr Gewicht achtet.

Wege zu einem erfüllten Liebesleben

Bio: Früher war man der Meinung, dass sich der Sex ab einem bestimmten Alter nicht mehr schickt. Ist es tatsächlich so, dass die Libido dramatisch abnimmt? Viele Untersuchungen zeigen, dass auch ältere Frauen ihr Sexualleben durchaus genießen können. Auch dank der ausbleibenden Regelblutungen und ohne die Problematik der Verhütung.

LiebeProf. Ingrid Gerhard: Von einer dramatischen Abnahme der Libido kann tatsächlich nicht die Rede sein. In Wirklichkeit ist es so, dass nach dem Ende der Regelblutungen und des Verhütungszwangs für viele Frauen erst eine erfüllte Sexualität beginnt. Mit zunehmendem Alter nimmt zwar das körperliche Verlangen langsam ab, aber das Bedürfnis nach Zärtlichkeit, Sexualität und Befriedigung bleibt. Der Hautkontakt wird mit zunehmendem Alter immer wichtiger. Dem Vorspiel kommt größere Bedeutung zu, da die Erregung langsamer abläuft, auch beim Mann.

Bio: Welche positiven Auswirkungen hat Sexualität auf unsere ganzheitliche Gesundheit?

Prof. Ingrid Gerhard: Viele Muskeln werden angespannt und entspannt, Blutdruck und Puls steigen, so dass der Kreislauf trainiert wird. Auch werden eine Fülle von Hormonen und Botenstoffen frei, die jede Körperzelle erreichen und den Stoffwechsel ankurbeln. Diese Veränderungen sind ähnlich wie beim Sport. Hinzu kommt natürlich die positive Wirkung auf die Partnerschaft.

Bio: Was würden Sie Frauen raten, die keinen Partner haben oder einen, der altersbedingt oder durch Medikamente, die er einnehmen muss, Probleme mit dem Liebesleben hat?

Prof. Ingrid Gerhard: Aus anonymen Befragungen geht hervor, dass diese Frauen häufig Selbstbefriedigung üben, mit oder ohne Hilfsmittel. Ist der Partner da, so sollte das Gespräch gesucht werden, eventuell mit Hilfe eines Paartherapeuten. Die eigenen Bedürfnisse und die des Partners können diskutiert werden. In der Regel lassen sich Wege finden, die beiden wieder zu einer befriedigenden Sexualität verhelfen können, was vorher aus Schamgefühl oder Rücksichtnahme vielleicht nicht gelungen war.

Einige Frauen bekommen in den Wechseljahren Angst vor dem Geschlechtsverkehr, weil durch die Hormonveränderungen die Scheide zu trocken ist und der Verkehr schmerzt. Aber dagegen lässt sich sehr viel tun. Angefangen von Hormonzäpfchen oder -salben, die die Scheidenschleimhaut wieder aufbauen, über pflanzliche Hormone bis hin zu speziell zusammengesetzten Zäpfchen. Sie befeuchten nicht nur, sondern wirken auch gegen Entzündungen und können dann die Scheidenflora wieder aufbauen. Zum Einstieg empfehle ich gerne ein hormonfreies, Feuchtigkeit spendendes Gel, das Multi-Gyn LiquiGel, das sofort die Scheide wieder feuchter und elastischer macht. Ausführliche Tipps zur Scheidenpflege gebe ich in meinem Buch (S.121 folg.).

Empfehlungen

Bio: Welchen Rat würden Sie Frauen mit auf den Weg geben, um die letzte Lebensphase in Gesundheit genießen zu können?

Prof. Ingrid Gerhard: Mein Lieblingsspruch ist: „Bedenke, das Wichtigste, was du auf der Welt hast, bist du selber„. Werden Sie sich klar über Ihre Bedürfnisse, pflegen Sie Ihren Körper und Ihre Seele. Werden Sie kreativ im Umgang mit sich selbst und Ihrer Umgebung, bleiben Sie körperlich und geistig beweglich, bleiben Sie aktiv und gönnen Sie sich Auszeiten. Lassen Sie sich nicht von anderen vereinnahmen. Stellen Sie sich den wichtigen Fragen des Lebens und des Todes. Genießen Sie das Jetzt, die Gegenwart, den Augenblick. Erlernen Sie spätestens jetzt die Meditation, suchen Sie so lange, bis sie den richtigen Lehrer dafür gefunden haben, und wenden Sie diese täglich an.

Text incl. Bildnutzung mit freundlicher Genehmigung des Bio Ritter Verlags

Das Bio-Heft 1,2010 empfehle ich Ihnen nicht nur wegen meines Interviews, sondern weil Sie darin weitere biophantastische Artikel finden über:

  • Zahngesundheit und Gifte im Mund,
  • die Heilwirkung von Enzymen,
  • Liebe und Partnerschaft,
  • wie Singen jede Körperzelle aktiviert
  • und vieles mehr.

Ein BIO-Gratisheft erhalten Sie beim:

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