In den letzten Monaten häuften sich die Studienergebnisse, die Wunderwirkungen von Vitamin D auf den gesamten Organismus propagierten. Vitamin D- Mangel, der früher nur als Auslöser für Rachitis und Osteoporose angesehen wurde, wird heute auch in Verbindung gebracht mit Krebs (besonders Brustkrebs), Bluthochdruck, Herz-Kreislauferkrankungen und Diabetes.

Ganz aktuell trafen sich am 9. April 2011 in der Charité in Berlin22 nationale und internationale Experten zu einer wissenschaftlichen Konferenz „Vitamin D-Update 2011“ .  Mein Heidelberger Kollege, der international renommierte Lichtspezialist Alexander Wunsch, nahm an dieser Konferenz teil. Sie kennen ihn schon aus früheren Artikeln für dieses Webmagazin. Er stellt Ihnen hier das Konsensuspapier der Forscher vor, die aufgrund der aktuellen Datenlage zu folgenden Feststellungen kamen:

1. Vitamin D ist die Vorstufe eines in fast allen Körperzellen benötigten Steroidhormons (Calcitriol). Es kann von den Menschen selbst mithilfe der UVB-Strahlen der Sonne in der Haut hergestellt werden. Es wird zwingend für die korrekte Funktion zahlreicher Organe und nicht nur für den Knochenstoffwechsel benötigt.

2. Es besteht ein weltweiter Mangel an Vitamin D, der vorwiegend ausgelöst wird durch die Veränderungen des Lebensstils infolge des technischen Fortschritts. Zusätzlich resultiert in Verbindung mit der Angst vor Hautkrebs ein zu geringer Aufenthalt in der Sonne. Jenseits des 40. Breitengrades (damit auch in Mittel/Nord-Europa, einschließlich Deutschland, sowie in den Neu-England-Staaten der USA und in Kanada) sind die Menschen insbesondere in den Wintermonaten ungenügend mit Vitamin D versorgt, da dort in diesem Zeitraum aufgrund des flachen Einstrahlwinkels der Sonne keine ausreichende UVB-Strahlung zur Vitamin D-Bildung in der Haut die Atmosphäre passieren kann.

3. Eine Fülle von wissenschaftlichen Untersuchungen in den vergangenen 20 Jahren weist darauf hin, dass ein Mangel an Vitamin D wahrscheinlich fast alle chronischen Krankheiten fördert, darunter: Diabetes, Krebs, Bluthochdruck und Herz-Kreislauferkrankungen, Nervenerkrankungen, Autoimmunerkrankungen, Infektionskrankheiten und Allergien. Die Unterzeichner fordern daher dringend eine Intensivierung der Forschungsarbeit über Vitamin D in den verschiedensten Fachdisziplinen.

4. Die derzeitigen Regelungen zur Versorgung der Bevölkerung werden dem Vitamin-D-Mangel nicht gerecht. Daher ist es erforderlich, die Empfehlungen zur natürlichen und künstlichen Sonnenexposition zu überarbeiten; so sollte möglichst mittags bei Sonnenhöchststand, gezielt eine große Hautoberfläche (häufig exponierte Stellen dabei schützen) von Frühling bis Herbst an mehr als drei Tagen pro Woche für max. 20 Minuten (Hauttyp beachten!) ausgesetzt werden. Bei weiterer Exposition ist die Haut mit Kleidung oder Sonnencreme zu schützen. Sonnenbrände sind in jedem Fall zu vermeiden!

5. Ferner ist die derzeitig verbindliche Empfehlung für eine Zufuhr von 200 IE Vitamin D pro Tag als Ausgleich für die fehlende Sonnenexposition absolut unzureichend. Eine Verabreichung von 1000-2000 IE täglich (bzw. 7.000 – 14.000 IE /Woche je nach Lebensalter und Körpergewicht) ist insbesondere in den Wintermonaten wünschenswert. Dabei sollte ein Spiegel von mindestens 20 ng/ ml im Blut erreicht werden. Amerikanische Wissenschaftler empfehlen sogar einen Zielbereich von 40-60ng/ml, wozu in einer großen Studie bis zu 10000 IE Vitamin D tgl. benötigt wurden. Das amerikanische Institut für Medizin (IOM) gibt als Obergrenze für eine gefahrlose, dauerhafte tägliche Zufuhr 4.000 IE an. Für Kinder ist eine tägliche Zufuhr von 50 IE pro Kg Körpergewicht anzustreben. Stillende Mütter benötigen 6000 IE pro Tag.

6. Die Wissenschaftler fordern die Fachgesellschaften und die Öffentlichkeit auf, diese Erkenntnisse in die entsprechenden Empfehlungen umzusetzen.

Dieses Konsenspapier wurde von den meisten Referenten der Konferenz unterzeichnet. Hier können Sie die Abstracts der Vorträge einsehen.

Über den Autor

Alexander Wunsch ist Humanmediziner und Lichttherapeut. Seine Tätigkeitsfelder und Forschungsinteressen sind die Geschichte der Lichtbiologie, Lichtwirkung auf Zellebene sowie die Photoendokrinologie und Anwendung der Photomedizin beim Menschen. Er ist Mitglied der deutschen Lichttechnischen Gesellschaft (LiTG) und Lehrbeauftragter für den Themenbereich “Light and Health” im internationalen Studiengang “Architectural Lighting Design” der Hochschule Wismar. In seiner Sommerakademie 2011 klärt er Sie über den gesunden Umgang mit Sonne und Licht auf.

Alexander Wunsch
Bergheimer Str. 116,
9115 Heidelberg
wunschart@googlemail.com

http://www.lichtbiologie.de

http://www.photonblog.de

http://sonne11.wordpress.com

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