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Früherkennung von Brustkrebs durch Mammographie- wie einem guten Einfall ein Reinfall droht

© karoshi - Fotolia.com

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Brustkrebs ist in frühen Stadien besser heilbar als in fortgeschrittenen. Das klingt überzeugend. Und deshalb sind alle Wissenschaftler stolz und alle Frauen glücklich, dass es die Mammographie gibt, die Röntgenuntersuchung der Brust, mit der es möglich ist, Tumore zu erkennen, die erst bei doppelter Größe tastbar wären.

Nach vielen Jahren des Wartens gibt es auch in Deutschland seit 2005 ein Programm, in das alle Frauen zwischen 50 und 69 Jahren aufgenommen werden können, um alle 2 Jahre kostenlos die Brust vorsorglich (?) röntgen zu lassen. In anderen Ländern ist das schon viel länger möglich, zum Teil schon ab einem Alter von 40 Jahren und zum Teil mit kürzeren Abständen.

Statistik zum Mammographie-Screening

Leider ist es wie bei vielen Röntgenuntersuchungen nicht möglich, in jedem Fall eindeutig sagen zu können, ob ein Befund gut- oder bösartig ist. Dann müssen Zusatzuntersuchungen gemacht werden, unter Umständen auch Gewebeentnahmen (Biopsie). Bereits in meinem 2005 erschienen Lehrbuch für Therapeuten, „Gynäkologie integrativ“, äußerte sich die Professorin Ingrid Mühlhauser von der Universität Hamburg kritisch über Nutzen und Kosten der Mammographie:

Wenn man bei 1.000 Frauen ab 40 Jahren jährlich eine Mammographie machen würde, könnte man eine Frau retten, die sonst an Brustkrebs gestorben wäre. Bei diesen 1.000 Frauen würden insgesamt 10.000 Mammographien durchgeführt, die bei 500 Frauen mindestens einmal einen falsch positiven Befund ergäben hätten, 200 von ihnen hätten sogar überflüssigerweise eine Biopsie oder noch eingreifendere Behandlungen bekommen.

Aber das wollte ich Ihnen eigentlich gar nicht so detailliert erzählen, denn diese und weitere Zahlen finden Sie auch in meinem Frauen-Gesundheitsbuch, S. 224-226. Sie sollen nur eine ungefähre Vorstellung bekommen, wie groß der Aufwand ist, um eine Frau zu retten. Bisher fand ich das gerechtfertigt. Aber inzwischen sind weitere Ergebnisse vor allen Dingen aus den Ländern bekannt, die schon früher als die Deutschen mit den Screening- Programmen angefangen haben, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte.

3171Mike Baum

Prof. Mike Baum mit Ehefrau und Enkelin, bei seinem Hobby malen

Wie es der Zufall will, bekam ich Besuch von einer ehemaligen, inzwischen 47-jährigen Sekretärin mit ihrem Mann, einem Engländer. Sie erzählte, dass sie auf Empfehlung ihres Frauenarztes zur Mammographie war, was ich denn so davon hielte. Ich erwiderte, dass der Frauenarzt es sicher gut gemeint habe und seine Gründe gehabt hätte. Sie meinte: „nein, das war nur so zur Vorsorge“. Da zog der Ehemann eine Zeitungsseite aus der Tasche und meinte, das könnte mich interessieren, diesen Artikel habe er in einer englischen Tageszeitung gefunden. Ich dankte ihm und legte den Artikel zunächst zur Seite. Abends las ich ihn und wurde immer aufgeregter: da gab ein berühmter Londoner Professor, der 1987 die erste britische Abteilung für Brustkrebs- Früherkennung an seiner Klinik gegründet und Spezialisten für alle folgenden Zentren trainiert hatte, zu, dass das Brustkrebs-Screening-Programm versagt hatte. Das wichtigste aus diesem Text werde ich Ihnen hier übersetzen. Dies ist meine Quelle:

„Breast-screening is failing-women in the UK and I should know- I set it up!” by Linda Duberley in Health, 24.Februar, 2010, im März auch online: http://www.whatsonxiamen.com

Schon früh wurde Prof. Baum mit den schrecklichen Folgen von Brustkrebs konfrontiert: seine Mutter starb mit 67 Jahren daran, und eine seiner Schwestern erkrankte im Alter von 48 Jahren daran. Wie bei vielen Medizinern war diese persönliche Betroffenheit mit daran beteiligt, dass er sich der Erforschung von Brustkrebs verschrieb und international hoch angesehen war. In den letzten 20 Jahren wurden die in der ganzen Welt und an seiner Klinik erhobenen Daten kontinuierlich überprüft und brachten ihn jetzt zu wichtigen

Schlussfolgerungen von Prof. Baum zum Mammographie-Scrrening

Inzwischen werden in Großbritannien neue Richtlinien zur Brustkrebs-Früherkennung erarbeitet. Nach Prof. Baum kann es nicht angehen, dass jährlich 75 Millionen Pfund in das Brustkrebs-Screening fließen. Da von 26 Frauen nur eine an Brustkrebs sterben wird, schlägt er vor, das Geld zielgerichteter und weiser auszugeben. Er empfiehlt:

Einteilung in drei Gruppen nach der Höhe des Brustkrebsrisikos

Breast beating, das Buch von Mike Baum, das 2010 erschienen ist

Breast beating, das Buch von Mike Baum, das 2010 erschienen ist

Prof. Baum schreibt: „Am Anfang war ich skeptisch, aber ich dachte, dass die Vorteile des Brustkrebs-Sceenings die Nachteile überwiegen. Aber ich bin Wissenschaftler und in Anbetracht der neuen Daten muss  ich meine Meinung ändern!“

Hut ab vor diesem Wissenschaftler, so ein Eingeständnis ist selten.

Wenn Sie mehr über Professor Baum und sein Leben lesen wollen, dann wird auf englisch im März sein Buch „Breast beating“ erscheinen.

Und was hat das jetzt mit Ihnen zu tun?

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