Viele botanische Namen verraten den Zusammenhang zwischen Pflanzen und einer Göttin alter Kulturen. Göttinnen sind auch heute Archetypen für die weibliche Seite des Lebens. Heilende Pflanzen transportieren ihre Botschaften mitten in unsere Körper und Seelen.

Ceres Mohn

Ceres Mohn

Der Glaube an eine große Ur-Göttin ist wahrscheinlich der älteste Glaube der Welt. Sie wurde in alten Zeiten verehrt als das Unsichtbare hinter den Erscheinungen der Natur, als ein Teil des täglichen Lebens und als seine Hüterin, zuständig für Fruchtbarkeit, Nahrung, Gesundheit und Schutz. Göttinnen sind auch heute wieder Archetypen für die weibliche Seite des Lebens. Sie leben in unendlich vielen Geschichten, haben unendlich viele Gesichter, unendlich viele Namen und immer eine Botschaft für unseren Alltag. Die Liebe zum Leben und die Freude daran – das ist die Grundethik der Großen Göttin.

Die Menschen verehrten ihre Göttinnen draußen in der Natur, an heiligen Plätzen, Quellen, Hügeln oder Höhlen. Sie fanden ihre Kräfte und Botschaften in den grünen Pflanzen. Noch heute können wir ihnen da begegnen. Artemis finden wir im Beifuss, Ceres im Getreide, Demeter im Mohn, Freya im Frauenmantel, Holle im Holunder, Iduna in den Äpfeln und Isis im Eisenkraut. Die Pflanzen transportieren die Botschaft ihrer Göttinnen mitten in unsere Körper und Seelen. Dies zu spüren und in sich zu entdecken bringt neue Impulse und den Mut, immer mehr sich selbst und seine Einzigartigkeit zu leben.

Ich lade Sie ein zu einem Spaziergang durch das Jahr. In jedem Monat werden Sie einer Göttin begegnen und ihre Pflanzen kennenlernen, die passend zur Jahreszeit in der Natur zu finden sind.

Januar und Skadi

Im Januar begegnen wir Skadi, der skandinavischen Göttin. Sie zeigt sich im glitzernden Schnee, in Schneeglöckchen und Winterlingen. Mit Pfeil und Bogen aus glitzernden Eiskristallen ist sie unterwegs und findet in dieser Klarheit den Mut für ungewöhnliche Handlungen und Lösungen. Sie gilt auch als Erfinderin des Skilaufs.

Februar und Brigid

 Birke

Birke

Schon ab Anfang Februar werden die Tage merklich länger. Das Licht im Februar ist voller Zauber – ganz besonders zu Sonnenaufgang oder zu Sonnenuntergang. Es ist die Zeit von Brigid. Die heiß geliebte keltische Himmelskönigin, hat den Menschen alles beigebracht, was sie zum Leben brauchten. Es war ihre Feuerkraft, die im Februar das Eis schmelzen ließ und neue Fruchtbarkeit versprach. Ihr Feuer der Begeisterung trägt sie auch in die Herzen der Menschen und weckt Frühlingskräfte.

In Vogelmiere, Huflattich und ganz besonders in der Birke transportiert sie ihre Botschaft. Die Indogermanen verehrten Brigid als jugendliche Frühlingsgöttin in der Birke. In jenen Zeiten berührten die Bauern zu Beginn des Frühlings mit jungen Birkenzweigen alles, was fruchtbar werden sollte: Äcker, Bäume, Tiere, auch junge Frauen blieben nicht verschont. Das war das „Quicken“ mit der Lebensrute. Noch heute klingt in unserem Wort „erquicken“ dieser alte Fruchtbarkeitsbrauch nach.

März und Ostara

Der März blüht gelb und erfreut Sinne und Seele. Der Morgen duftet nach Gras und Blüten. Ostara ist die Göttin des großen Frühlingsfestes zur Tag- und Nachtgleiche im März, aus dem unser Osterfest hervorgegangen ist. Mit ihren Schlüsseln, den Schlüsselblumen, öffnet sie das Tor zum Frühling. Huflattich, Leberblümchen, Gänseblümchen und Veilchen sind ihre Lieblingsblumen. Sie tragen die Frühlingskraft mitten ins Herz. Und dort wachsen Tatkraft und Vertrauen inmitten von Lebenslust und Frühlingsgefühlen.

Schlüsselblumen wecken die Kraft des Willens in jedem Menschen. Sie sind der Schlüssel zu unseren geheimsten Wünschen und helfen dabei, sie zu leben. Ihr Duft steckt voller Optimismus, Zuversicht, Leichtigkeit und Mut.

April und Blodeuweed

„Aus Bergprimeln, Rose und Dorn –

aus Nesseln im Schatten zur Blüte reifend,

aus Besenginster und Distel –

aus Frauenmantel bin ich geboren.

Neun Blumen gaben mir neun Kräfte,

neun Bäume und Kräuter mir die Form,

mein Name ist Blodeuweed.

Und Erde und Magie liegen mir im Blut.“

In jedem Frühjahr singen die Waliser dieses Lied für ihre Frühlingsgöttin mit dem schönen Namen „Blumengesicht“. Mit ihr gemeinsam erblühen alle Frühlingskräuter. Ganz besonders erwecken die Blüten des Apfelbaumes mit ihrem Duft das Bewusstsein für die Schönheit des Augenblicks. Lebensfreude, Liebe und Leichtigkeit blühen da auf.

Mai und Flora

Rotklee

Rotklee

Flora ist eine römische Göttin von berauschender Schönheit. Sie ist in der Blüte ihres Lebens, fröhlich und ungebunden, voller Leben und sexy. Flora verkörpert den Frühlingsüberschwang im Mai und zieht ihr blühendes Hochzeits- und Vegetationskleid an. Tanzend verbreitet sie Lächeln, Lust, gute Laune, Blütenduft und Farbenrausch.

Sie zeigt sich in den Blüten aller Pflanzen, auch im Waldmeister. Rechtzeitig zur ersten Mainacht tanzt er sich in Spiralen unter alten Buchenblättern aus dem Waldboden hervor. Er bringt die Frühlingskraft ins Blut und ermuntert alle, der eigenen Intuition zu vertrauen.

Juni und Freya

Freya ist die germanische Göttin des Glücks und der Liebe. Sie lebt noch heute unter uns. Unsere Anrede Frau leitet sich von Freya ab – und bedeutet in der althochdeutschen Sprache Gebieterin und Herrin. Freya ermuntert jede Frau, sich selbst treu zu sein und alte Rollen loszulassen, die nicht zu ihr gehören. Daraus resultiert eine unerschöpfliche Lebensenergie. Für diesen Weg hält sie ein Geschenk bereit – den Frauenmantel. Das Blatt des Frauenmantels sieht aus wie ein grüner, samtener Umhang, unter dem sich jede Frau von Freya geborgen und beschützt fühlen kann. Jeden Morgen wieder schmückt sie den Frauenmantel mit glitzernden Diamanten aus Pflanzenwasser, die das urweibliche Wissen in sich bergen.

Juli und Artemis

Beifuß

Beifuß

Artemis gilt als die erste Hebamme Griechenlands. Sie verhilft den Frauen zu einer sanften Geburt. Sie ist im Wald zu Hause, kennt die Sprache der Tiere und der Pflanzen. Sie steht allen Frauen das ganze Leben hindurch mit ihren pflanzlichen Schätzen zur Seite und zeigt, dass wir Menschen viel, viel mehr sind als Denken und Intellekt. Und dass wir in der Verbindung mit dem Wald und der Natur die Kraft finden, unsere Träume zu leben.

Botaniker ehrten eine ganze Pflanzenfamilie mit dem Namen dieser Göttin und nannten sie Artemisia. Beifuss, Wermut, Estragon und Eberraute gehören dazu. Beifuss ist eine alte Frauenpflanze, bringt Wärme in den Körper, reinigt ihn von Grund auf, stärkt die inneren und äußeren Abwehrkräfte und entspannt Körper und Geist bei der Geburt.

August und Amaterasu

Amaterasu bestrahlt die Erde und die Menschen mit ihrem Leuchten. Und sie beschützt Frauen vor körperlicher Gewalt. Ihr Symbol ist die aufgehende Sonne, so wie sie heute noch in der Flagge Japans zu sehen ist. Sie liebt Tanz, Gesang, Lachen und das fröhliche Spiel mit der Liebe, durch die das Leben in die Welt kommt. Humor schätzt sie als heilende Kraft.

Arnika ist eine dieser Sonnenpflanzen. Gänsefingerkraut, Sonnenblume und die Esche gehören dazu. Die Esche liebt es, mit ihren hellen, grünen Blättern die Sonnenstrahlen einzufangen und mit ihnen zu spielen. Ein symbolischer Speer aus der Esche ist reines Licht und begleitet alle, die mit Fantasie und Freude ihr Leben genießen wollen.

September und Holle

Holle

Holle

Frau Holle hat überlebt – wenigstens im Märchen. Sie ist eine germanische Erd- und Himmelsgöttin, weise Frau und allgegenwärtige Mutter. Sie ist die Herrin der Spinnerinnen, regiert über die Elemente, die Jahreszeiten, das Wetter. Als Erdgöttin wohnt sie in Höhlen, Brunnen, Teichen und Quellen. Sie bringt Urvertrauen, hilft Entscheidungen zu treffen und die Fähigkeit, den richtigen Schritt im richtigen Augenblick zu tun.

Natürlich finden wir Frau Holle im Holunderbusch. Dort wohnt sie und schützt alles Leben in Haus und Hof. Ein Holunderbusch galt als Hausapotheke für ein ganzes Jahr. Die jungen Blätter reinigen das Blut, die Blüten stärken die Lebenskräfte, und die Beeren sind Gesundheitsvorrat für den Winter.

Oktober und Ceres

Die Römer hielten Zeremonien ab zu Ehren von Ceres, zum Beispiel das Erntdankfest. Diese Göttin lehrte die Menschen die Kunst des Ackerbaus. Sie war auch Beschützerin der Ehe und wachte über die Rechte der Ehefrauen. Wollte sich ein Mann scheiden lassen, musste er seiner Frau und auch der Göttin in ihrem Tempel ein Teil seines Vermögens überlassen.

Gerne schmückt sich Ceres mit Getreideähren (Cerealien), dem Füllhorn und Mohnkapseln. In der Schafgarbe gibt sie ihre Wohltaten an die Menschen weiter. „Schafgarbe im Leib tut wohl jedem Weib“ reimte einst ein Kräuterkundiger. Sie bringt Wärme in den Körper, verhilft jungen Frauen zu einer regelmäßigen und schmerzfreien Menstruation, besänftigt das Prämenstruelle Syndrom und führt nach turbulenten Ereignissen immer wieder zu innerer Ausgeglichenheit.

November und Ceridween

Ceridween ist Jungfrau, Mutter und weise Alte zugleich. Als keltische Göttin des Todes und der Wiedergeburt rührt sie in dem Kessel des Lebens, der ein Symbol für ihren Bauch, ihre Gebärmutter ist. Von hier kommt alles Leben und hierhin kehrt es auch wieder zurück. Ein Trank aus diesem Kessel bringt Weisheit – und heilt Körper, Seele und Geist. Farnwedel schwimmen darin. Ihre Blätter entrollen sich wie Spiralen und sind ein Sinnbild für die Ent-wicklung des Menschen.

Dezember und Perchta

Immergrün

Immergrün

In der kalten Jahreszeit ist es die Göttin Perchta, die mit Wind, Sturm, Schnee und Regen durch die Welt saust. Sie bringt den Menschen in den Alpenländern Glück für das neue Jahr ins Haus – nicht ohne sie vorher ein wenig zu erschrecken und sie zu Achtung und Respekt vor der Natur zu ermahnen. Deswegen zeigen ihre Masken oft zwei Gesichter: vorne das furchterregende Gesicht der zürnenden Göttin, auf der Rückseite ihr strahlendes Sonnengesicht.

Mit immergrünen Nadelbäumen, mit Efeu, Mistel und Stechpalme weist sie darauf hin, dass das Leben niemals endet und das Rad des Jahres immer wieder zu einer neuen Umdrehung ansetzt. Das winzige Kleine Immergrün, dessen Blüten manchmal schon an milden Wintertagen blau leuchten, war für die Kelten ein Symbol ewiger Liebe. Es hilft dabei, immer wieder Neues zu lernen.

Das alles, viele Rezepte, Anregungen und Geschichten finden Sie ausführlich in meinem Buch „Pflanzengöttinnen und ihre Heilkräuter“, erschienen im Kosmos-Verlag.

Über die Autorin

U.StumpfUrsula Stumpf ist Apothekerin und Heilpraktikerin. Seit 1998 leitet sie eine eigene Kräuterschule in Karlsruhe. Sie bietet an: Kräuterspaziergänge, Jahreskreisfeste, Vorträge zur Pflanzenheilkunde in allen Aspekten. Sie ist Autorin mehrerer Bücher über die Heilkraft der Pflanzen.

Über 20 Jahre arbeitete Ursula Stumpf in eigener Naturheilpraxis mit den Schwerpunkten Kinesiologie und Phytotherapie. Sie kombiniert beide Bereiche zur „PhytoKinesiologie“ und macht so das Heilpflanzenwissen und die Kommunikation zwischen Mensch und Pflanze leicht zugänglich. Es ist ihr ein wichtiges Anliegen, diese Verbindung zwischen Mensch, Pflanze und Natur bei jeder Begegnung neu zu knüpfen und zu vertiefen.

Kontakt

Kräuterweisheiten
Fuchsbau 27
76228 Karlsruhe
0721/476 396 52
e-mail: vierjahreszeiten@kraeuterweisheiten.de
www.kraeuterweisheiten.de
www.unkrautkonferenz.de

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