Brustkrebs

Brustkrebs, © ingerhard

„Jetzt leide ich schon unter Brustkrebs und dann soll ich mich auch noch selber spritzen, muss das denn sein?“ Diese Frage habe ich häufig von Krebspatientinnen gestellt bekommen. Dabei tut der kleine Pieks weniger weh, als wenn man sich beim Nähen mit der Nadel in den Finger sticht. Aber mal der Reihe nach: ich werde Ihnen erklären, was die Misteltherapie ist und welche Wirkungen Sie davon erwarten dürfen.

Geschichte

Schon im Mittelalter wurde die Mistel eingesetzt, z. B. von Paracelsus und Hildegard von Bingen. Allerdings nicht bei Krebs sondern bei Unfruchtbarkeit, Frauenleiden, Bluthochdruck und Lebererkrankungen. Aber auch bei „chronischen Wunden“, was unserem heutigen Verständnis von Krebs als chronischer Entzündung ja sehr nahe kommt.

Erst Anfang des letzten Jahrhunderts empfahl Rudolf Steiner der Ärztin Ita Wegman die Mistel für eine Krebspatientin, offenbar mit Erfolg. In den dreißiger Jahren wurde in der Schweiz ein Verein zur Erforschung der Mistel gegründet und 1963 die erste Krebsklinik (Lukasklinik in Arlesheim), in der heute noch krebskranke Menschen Hilfe finden.

p1010047klein1Mistelpflanze und Inhaltsstoffe

Die Mistelpflanze ist ein Halbschmarotzer. Sie wächst auf verschiedenen Wirtsbäumen, wodurch sich die Inhaltsstoffe der jeweiligen Misteln deutlich unterscheiden. Jedes Jahr entwickelt sie nur ein neues Blattpaar, so dass es Jahre dauert, bis sie ihre bekannte kugelige Form hat.

Wie jede Pflanze enthält auch die Mistel eine Fülle von Inhaltsstoffen: Eiweiße, komplizierte Zuckerverbindungen und sekundäre Pflanzenstoffe. Für die Antikrebs-Wirkung sind das Viscotoxin und die Mistellektine verantwortlich.

Das Viscotoxin tötet die Krebszellen regelrecht ab, ist aber so giftig, dass man im Normalfall hohe Konzentrationen davon vermeidet.

Die Mistellektine veranlassen die Tumorzellen, sich selbst umzubringen (sogenannte Apoptose) und regen Immunzellen dazu an, den Tumor effektiver anzugreifen. Die Wirkung der Mistellektine wird durch die übrigen Pflanzeninhaltsstoffe (Zucker/Polysaccharide) modifiziert. Sie können auch die Wirkung von konventionellen Krebsmitteln, den Zytostatika, verstärken, indem die Krebszellen empfindlicher darauf reagieren, aber gleichzeitig die gesunden Körperzellen geschont werden.

Die am häufigsten verwendeten Mistelpräparate sind Vielstoffgemische, die in einem komplizierten und streng überwachten Herstellungsverfahren aus allen Pflanzenteilen gewonnen werden. Leider würde der Magen die kostbaren Inhalte verdauen, deshalb müssen die Mistelextrakte gespritzt werden.

mistel11Studienlage beim Brustkrebs

Inzwischen gibt es über 40 Studien bei Frauen mit Brustkrebs.

Sie zeigen eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität, besonders dann, wenn die Misteltherapie schon während der Chemo- und Strahlentherapie durchgeführt wurde. Übelkeit, Müdigkeit, Schlaflosigkeit u.a. wurden verbessert. Auch langfristig fühlten sich die Patientinnen unter der Misteltherapie kräftiger, sie verspürten mehr Lebensfreude und weniger Schmerzen als die Frauen ohne Misteltherapie.

Auch konnte in einigen Studien eine Verlängerung der durchschnittlichen Überlebenszeit nachgewiesen werden. Dies galt sowohl für frühe Krebsformen als auch für fortgeschrittene mit Metastasenbildung.

Studienlage bei weiteren Krebsarten

Im Prinzip wiederholen sich die Ergebnisse der Misteltherapie des Mammkarzinoms bei vielen anderen Tumoren, bspw. Hautkrebs, Magenkrebs, Darmkrebs, Bauchspeicheldrüsenkrebs. Für manche Tumore, wie Gehirntumore oder bestimmte Blutkrebsarten, liegen bisher keine ausreichenden Daten vor.

mistel21Durchführung

Als erstes brauchen Sie eine Ärztin oder Therapeutin, die schon Erfahrung mit der Misteltherapie hat (selbstverständlich spielt hier und im folgenden das Geschlecht des Arztes keine Rolle). Das muss keine Frauenärztin sein, aber sie sollte sich in der üblichen Behandlung von Brustkrebs auskennen.

Am besten beginnt man mit der Therapie schon vor der Operation, spätestens dann aber vor der Chemo-oder Strahlentherapie. Ihre Ärztin wird das für Sie geeignete Präparat aussuchen, das von unterschiedlichen Wirtsbäumen stammen und unterschiedliche Konzentrationen haben kann. Das hängt von der Art ihres Tumors ab, vom Krankheitsstadium, von Ihrer Konstitution und Ihrem augenblicklichen Gesundheitszustand.

Zwei- bis dreimal in der Woche können Sie sich dann selbst mit einer winzigen Nadel das Medikament in die Bauchhaut spritzen. An der Einstichstelle sollte im Laufe von 12 Stunden eine Rötung auftreten. Hilfreich für die Abschätzung der Wirksamkeit ist die regelmäßige Temperaturmessung morgens und abends: während Sie anfangs wahrscheinlich wie viele Tumorpatienten eine eher niedrige Temperatur mit wenigen Schwankungen haben, sollte daraus nach einiger Zeit eine schöne Kurve mit deutlichen Temperaturunterschieden werden, abends um etwa 1 Grad Celsius höher als morgens.

Während manche Mistelpräparate in gleicher Dosis über mehrere Monate verabreicht werden, gibt es andere, die nach anthroposophischen Gesichtspunkten in regelmäßigen Abständen die Konzentrationen wechseln. Auch die Zugabe von Metallsalzen ist möglich, die die positiven Wirkungen noch verstärken können.

Die Misteltherapie sollte aber eine lebenslange Therapie sein. Auch wenn Sie glauben, völlig genesen zu sein, sind nach mehr als 5 Jahren noch zweimal im Jahr etwa sechswöchige Spritzenkuren nötig. Leider habe ich in der Klink immer wieder Patientinnen getroffen, die glaubten, fünf Jahre nach ihrer Krebsdiagnose gesund zu sein, die Misteltherapie ganz absetzten und die dann doch ein Jahr später erneut erkrankten.

Temperaturverlauf: blau eingeschränkt, rot erwünscht

Temperaturverlauf: blau eingeschränkt, rot erwünscht

Nebenwirkungen

Häufig sind lokale Reaktionen an der Einstichstelle zu beobachten. Es können auch vorübergehend grippeähnliche Symptome auftreten. Diese Reaktionen zeigen aber nur an, dass Sie gut auf das Mistelpräparat reagieren. Ist die Reaktion allerdings zu stark, bspw. die Rötung am Bauch größer als 5 cm im Durchmesser oder Fieber über 38 Grad, dann muss die Dosis reduziert oder ein anderes Präparat ausgewählt werden. Umgekehrt, wenn jegliche Reaktion ausbleibt, müssen die Immunzellen überprüft und die Dosis geändert oder der Mistelextrakt eines anderen Wirtsbaumes gewählt werden.

Verordnung

Wie bei jeder wirksamen Therapie gibt es auch bei der Misteltherapie Situationen, die die Behandlung ausschließen, bspw. wenn Sie an einer schwer einzustellenden Schilddrüsenüberfunktion leiden, oder an einer schweren Infektion, wenn Sie regelmäßig bestimmte Medikamente nehmen müssen oder bereits andere das Immunsystem beeinflussende Therapien, wie bspw. Thymus oder Interferon, haben. Sollte Ihre Ärztin die Mistelbehandlung wegen einer Tumorerkrankung aber für sinnvoll erachten, dann bekommen Sie die anthroposophischen Mistelgesamtextrakte der Firmen Weleda, Helixor, Wala und Abnoba auf Kassenrezept.

p1010056klein4Fazit

Sie sehen also, dass heute die Misteltherapie einen festen Platz in der ganzheitlichen Behandlung von Tumorpatienten haben darf, und dass Sie sich etwas Gutes tun, wenn Sie dieser Pflanze vertrauen.

Selbstverständlich gehört zur Bewältigung eines Tumorleidens noch mehr, aber darüber finden Sie viele Informationen im Frauen-Gesundheitsbuch.

Zum Schluss noch ein Hinweis:

Selbst in aussichtslosen Situationen, wo vielleicht nicht mal mehr die Operation infrage kommt, kann eventuell der Mistelextrakt eines speziellen Baumes noch helfen, der wie in der Homöopathie die Übereinstimmung zwischen Baum- und Menschentyp berücksichtigt. Ein aufschlussreiches Buch darüber für Laien von Dr. Johannes Wilkens finden Sie in meinem Shop.

Außerdem gibt es eine sehr gute Webseite von der Mistelspezialistin Frau Dr. Kienle aus Freiburg, die sowohl einen allgemeinen Teil für Laien hat als auch die wissenschaftlichen Grundlagen mit der aktuellsten Literatur darstellt, falls Ihre Frauenärztin sich schlau machen will.

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